Freitag, 11. Januar 2008

Die nordische mittlere Bronzezeit (etwa 1200-1100 v. Chr.)

Regenzauber mit Kesselwagen?

Bronzezeitbuch

Rohfassung eines Textes für das Buch "Deutschland in der Bronzezeit" (1996) von Ernst Probst in alter deutscher Rechtschreibung

Der Abschnitt von etwa 1200 bis 1100 v. Chr. wird in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern als nordische mittlere Bronzezeit bezeichnet. Als Regionalgruppen jener Zeit gelten die Westholsteinische Gruppe, die Segeberger Gruppe und die Westmecklenburger Gruppe.
Im südlichen Holstein, das vorher fest im Nordischen Kreis verankert war, entstand damals zwischen Wandse und Delvenau eine Lokalgruppe, welche die Tracht-, Bewaffnungs- und Bestattungssitten aller umliegenden Gemeinschaften integrierte. Zeitweise überwogen dort die Impulse von Lokalgruppen der nordischen Bronzezeit und verschiedener Lüneburger Regionalgruppen.
Von der damaligen Garderobe blieb nur bronzenes Zubehör – wie Nadeln, Fibeln und Gürtel- beziehungsweise Kleiderbesatz – übrig. Die Männer dieser Zeit kürzten ihren Bart und die Kopfhaare mit bronzenen Rasiermessern, die aus einer langgestreckten Klinge und häufig einem Griff mit einem stilisierten Pferdekopf bestanden.
Solche Toilettegeräte lassen sich in Norddeutschland ab der nordischen mittleren Bronzezeit nachweisen. In Süddeutschland waren sie schon früher in der Hügelgräber-Kultur üblich. Die bronzenen Pinzetten zum Ausreißen störender Haare haben im Gegensatz zu denjenigen aus der älteren Bronzezeit nun eine längere und schlankere Form.
Teilweise bewohnten die Menschen der nordischen mittleren Bronzezeit große Anwesen. So war ein Hausgrundriß von Handewitt (Kreis Schleswig-Flensburg) 25,50 Meter lang und 9,50 Meter breit. Dieses Gebäude besaß auf der Längsseite im Norden zwei Eingänge und auf der anderen im Süden einen Eingang. Der Innenraum wurde durch zwei querlaufende Pfostenreihen in drei Räume aufgegliedert. In einem davon war eine Feuerstelle mit einem Durchmesser von 1,60 Metern angelegt.
Ein Haus in Norddorf auf der Nordseeinsel Amrum hatte eine Länge von zehn Metern und eine Breite von vier Metern. Es wurde durch doppelte Firstträger längs unterteilt. Der laubenartige Vorbau war mit Steinen gepflastert. Auch dieses Haus verfügte über eine Herdstelle. Von einer ehemaligen Siedlung bei Tinnum im Osten der Nordseeinsel Sylt stammen mehrere Feuerstellen und einige zerbrochene Tongefäße. Diese Siedlung lag nahe der Grabhügelgruppe Thinghooger.
Bei Ausgrabungen am Fundort Handewitt stieß man auf einen Acker mit kreuzförmigen Pflugspuren. Dort wurde später das erwähnte 25,50 Meter lange Haus errichtet. Nach dem Verlassen dieses Gebäudes diente der Platz als Begräbnisstätte. Getreideanbau bezeugt indirekt auch der Fund einer 58 Zentimeter langen, 30,4 Zentimeter breiten und 24,4 Zentimeter dicken Trogmühle in einem Frauengrab von Serrahn (Kreis Güstrow) in Mecklenburg-Vorpommern. Darauf hat man Getreidekörner mit einem Läuferstein zerquetscht.
Drei Eckzähne eines Wolfes (Canis lupus) in einem Kindergrab von Gielow (Kreis Demmin) in Mecklenburg-Vorpommern belegen, daß damals neben anderem Wild auch Wölfe gejagt wurden. Vielleicht hat man solche Raubtiere mit Pfeil und Bogen zur Strecke gebracht.
Verschiedene Formen bronzener Absatzbeile und Tüllenbeile dienten als Werkzeuge. Dagegen werden die seltenen Äxte des nach einem Fundort in Ostpreußen bezeichneten Nortyckener Typus als Streitäxte betrachtet. Sie haben eine kräftig ausladende Schneide, einen verdickten Nacken und mit Rillen verzierte Breitseiten. Wegen ihres Verbreitungsgebietes im Baltikum nennt man sie auch baltische Streitäxte.
Zu den Messern gehörten Vollgriff-, Sichel-, Rahmengriff-, Griffzungen- und Griffangelmesser. Neuheiten waren nordische Vollgriffmesser, Exemplare mit Rahmengriff und Ringende und Griffzungenmesser mit Ringende. Bei letzteren wurde der Griff aus Holz, Knochen oder Geweih in zwei Hälften auf der Griffzunge festgenietet.
Bei den Schwertern fanden weiterhin Vollgriff- und Griffzungenschwerter Verwendung. Neu waren Exemplare mit vierkantigem Griff, rautenförmiger Knaufplatte und einer Verzierung durch umlaufende Leiterbänder, wie sie aus Alt-Sammit (Kreis Güstrow) und Grebs (Kreis Ludwigslust) in Mecklenburg-Vorpommern bekannt sind.
In Mecklenburg-Vorpommern hat man den Schwertknauf häufig mit plastischen Kreismustern geschmückt und den Griff der Vollgriffschwerter durch waagrecht liegende, schmal-rechteckige Vertiefungen gegliedert.
Im westlichen Mecklenburg-Vorpommern war in der mittleren Bronzezeit die Waffenkombination von Schwert sowie Pfeil und Bogen üblich. So kennt man aus Dabel (Kreis Parchim) ein Vollgriffschwert und fünf Pfeilspitzen, aus Dobbin (Kreis Parchim) ein Schwertortband und acht Pfeilspitzen, aus Friedrichsruhe (Kreis Parchim) ein Griffzungenschwert und neun Pfeilspitzen, aus Pölitz (Kreis Güstrow) ein Griffzungenschwert und fünf Pfeilspitzen sowie aus Wozeten (Kreis Güstrow) ein Vollgriffschwert und eine Pfeilspitze.
Im südlichen Holstein dagegen wurden in Gräbern die Waffenausrüstungen Schwert, Beil und selten Lanze oder Schwert und Lanze oder einzelne dieser Gegenstände geborgen. Ersteres war in Gülzow (Kreis Herzogtum Lauenburg) der Fall.
Mitunter wurde der Griff eines Vollgriffschwertes mit Goldblechauflage auf den Zwischenstegen verziert, wie Funde von Husum und Löwenstedt (Kreis Nordfriesland) in Schleswig-Holstein belegen. Ein anderes Schwert aus dem Stadtteil Klappschau von Schleswig war teilweise mit Golddraht umwickelt.
Dem älteren Abschnitt der Urnenfelder-Kultur wird ein importiertes Vollgriffschwert vom Liptauer Typ zugeschrieben, das beim Pflügen in der Gegend von Schwonau (Kreis Ostholstein) zum Vorschein kam. Dieser Typ ist nach dem slowakischen Fundort Liptau (Liptov) benannt. Bei dem Schwert von Schwonau sind auf dem Griff zwischen den Rippen mit waagrechtem Spiralmuster und auf dem Heft die Spuren von konzentrischen Kreisen zu erkennen, die als Sonnensymbole gelten.
Die Krieger steckten ihr Schwert in eine gefütterte hölzerne Scheide, die durch ein Bronzeortband zusammengehalten wurde und an einem Ledergürtel hing. Reste von Holzscheiden sind unter anderem von Nebel auf der Nordseeinsel Amrum, aus der Gegend von Kellinghusen (Kreis Steinburg) und Tennsbüttel-Röst (Kreis Dithmarschen) in Schleswig-Holstein sowie von Friedrichsruhe (Kreis Parchim) in Mecklenburg-Vorpommern bekannt. Die Schwertscheide von Nebel hatte man innen mit Fell gefüttert.
Eine weitere Stichwaffe waren Kurzschwerter (Langdolche) mit angegossenem hohlen Griff und waagrechtem Heftabschluß, der bei Kurzschwertern und Schwertern kaum vorkommt. Solche Kurzschwerter kamen in Tarbeck (Kreis Segeberg), Looft (Kreis Dithmarschen) und Nutteln (Kreis Rendsburg-Eckernförde) zum Vorschein.
Beim Bau der Straße von Segeberg nach Neustadt in Holstein wurde ein seltener Bronzedolch entdeckt. Es handelt sich bei diesem Einzelstück aus Schleswig-Holstein um einen Peschiera-Dolch, der nach einem Fundort in Oberitalien bezeichnet ist. Als Herstellungsgebiet der Peschiera-Dolche gilt allerdings nicht Italien, sondern die mittlere Donauregion, die sich etwa von den Ostalpen bis zur Theiß in Ungarn und nordwärts bis nach Böhmen und Mähren erstreckt.
Bronzene Pfeilspitzen mit Tülle, in denen einst der hölzerne Schaft steckte, fanden sich bisher selten. Eines der wenigen Objekte konnte im Ortsteil Peckatel von Plate (Kreis Parchim) in Mecklenburg-Vorpommern geborgen werden. Viel häufiger waren in Mecklenburg-Vorpommern herzförmige Pfeilspitzen aus Feuerstein, die manchmal mit lang ausgezogenen Widerhaken versehen sind.
Als kostbare Tauschobjekte jener Zeit gelten die Bronzetassen vom Typ Friedrichsruhe. Sie wurden 1930 von dem damals in Mainz arbeitenden Prähistoriker Ernst Sprockhoff (1892-1967) nach dem gleichnamigen Fundort im Kreis Parchim in Mecklenburg-Vorpommern bezeichnet. Die Bronzetasse aus Friedrichsruhe lag zusammen mit zwei Tongefäßen, einer bronzenen Fibel, einer Nadel, zwei Doppelknöpfen, zwei gerippten Fingerringen, einem Vollgriffschwert und einem gedrehten goldenen Armring mit Doppelspiralenden in einem Männergrab. Letzteres befand sich unter dem berühmten Glockenberg, von dem es hieß, daß man eine Glocke darin erklingen hören würde, wenn man sein Ohr an den Hügel lege.
Bronzetassen des Typs Friedrichsruhe haben ein bauchiges Gefäßunterteil und eine Delle am Boden. Sie sind bis auf den Henkel unverziert. Bisher ist unbekannt, in welcher süddeutschen Werkstatt die Tassen hergestellt wurden. Solche Bronzetassen kennt man in Mecklenburg-Vorpommern außer von Friedrichsruhe auch aus Slate, Ruchow (alle drei im Kreis Parchim) und Hagenow-Granzin (Kreis Ludwigslust). Zu den schleswig-holsteinischen Fundorten von Bronzetassen gehören Ahrenshöft (Kreis Nordfriesland), Löptin (Kreis Plön) und Ramsdorf (Kreis Rendsburg-Eckernförde.
In Gönnebek (Kreis Segeberg) in Schleswig-Holstein legte man einem Mann unter anderem eine goldene Schale mit einem Durchmesser von 13,5 Zentimetern ins Grab. Die im selben Grabhügel beerdigte Frau wurde mit einem Goldarmband, einem siebenfach gewundenen Golddraht, einer golddrahtumwickelten Zinnscheibe, fünf goldenen Finger-spiralen und sechs goldenen Spiralröllchen versehen. Diese beiden Bestattungen gehören zur eingangs erwähnten Segeberger Gruppe.
Wie prächtig sich die damaligen Frauen in Mecklenburg-Vorpommern schmückten, wird vor allem anhand von Funden aus Gräbern von Lübz (Kreis Parchim) und Serrahn (Kreis Güstrow) ersichtlich.
Eine Frau aus Lübz trug einen Halskragen aus Bronzeblech, an beiden Schultern einen in sich gedrehten (tordierten) bronzenen Ring, an jedem Arm zwei Ringe, einen Fingerring und an jedem Bein einen Ring mit je zwei großen Spiralplatten (Beinbergen). Ihre Oberbekleidung wurde durch eine Spiralplattenfibel auf der Brust zusammengehalten. An ihrem Gürtel prangte ein großer buckelartiger Knopf mit dornförmiger Spitze. Dutzende von zierlichen Bronzehütchen zierten vermutlich ihren ledernen Brustschurz oder ihre Jacke.
Auch zum Schmuck einer Frau aus Serrahn bei Krakow gehörte ein Halskragen aus Bronzeblech. Er ist 4,8 Zentimeter breit, gerippt und mit Spiralen verziert. Des weiteren gehörten zur Ausstattung dieser Verstorbenen ein gedrehter bronzener Halsring, zwei Armringe und eine Beinberge für jedes Bein.
Einer in Witzhave (Kreis Stormarn) beerdigten Frau aus der Südholsteiner Gruppe hat man eine bronzene Rollennadel, Armringe und vier Beinringe mit ins Grab gegeben. Von den vier Beinringen haben drei ein Muster mit vier Spitzovalbögen, das für die Gegend von Uelzen typisch ist. Dagegen weist der vierte Beinring ein Ornament von drei Spitzovalbögen auf, das als Kennzeichen für die Lüneburger Region gilt. Demnach hat die Frau zu Lebzeiten einen ihrer Beinringe verloren und ersetzt.
Beim Beinschmuck im südlichen Holstein überwiegen deutlich Beinringe mit vier Spitzovalbögen aus der Uelzener Gegend gegenüber denen aus dem Bereich Lüneburgs. Und
beim Armschmuck dominierten Uelzener Armbänder und Armringe mit Mecklenburger Mustern, während breite Manschettenarmbänder und Armringe mit geradem Leiterbandmuster aus der Lüneburger Gegend fehlen.
Möglicherweise gab es Heiratsgruppen, die nur zu einer anderen bestimmten Gemeinschaft familiäre Beziehungen aufnehmen konnten und durften, vermutet der Hamburger Prähistoriker Friedrich Laux. Ähnliches kennt man von Naturvölkern, bei denen es ausschließlich Menschen mit bestimmten Totemtieren erlaubt war, untereinander die Ehe zu schließen. Vielleicht spiegeln die Beinringmuster ähnliche Vorschriften wider.
Unter den bronzenen Halsringen überwogen Formen, bei denen der dünne Bronzestab in sich gedreht war. Die Enden solcher tordierten Schmuckstücke mit Hakenverschluß weisen häufig Strichornamente auf. Glatte Halsringe dagegen verjüngen sich an beiden Enden, schließen stumpf ab und sind fast ausschließlich mit schrägliegenden Leiterbändern verschönert.
Ein weiterer Halsschmuck jener Zeit waren Halskragen aus Bronzeblech. Merkmal der Exemplare vom mecklenburgischen Typ sind Spiralbänder zwischen drei Rippen. Seltener kommen enggerippte Ausfertigungen vor wie der Fund von Friedrichsruhe (Kreis Parchim) in Mecklenburg-Vorpommern.
Bei den massiven bronzenen Armringen wechseln sich mitunter Querkerben mit querverlaufenden Bändern ab, die mit Schräg- oder Querstrichen gefüllt sind. Auf diese Weise ergibt sich ein Fischgräten- oder Leiterbandmuster. Außerdem gab es gedrehte goldene Armringe mit Spiraldoppelenden wie den bereits erwähnten Fund aus einem Männergrab von Friedrichsruhe.
In Schlagtow (Kreis Ostvorpommern) in Mecklenburg-Vorpommern wurde sogar ein auf der Außenseite verziertes goldenes Manschettenarmband entdeckt. Es hat einen Durchmesser von 6,5 Zentimetern, ist zwischen 3,9 und 4,2 Zentimeter breit, einen bis 1,2 Millimeter dick und wiegt 147,3 Gramm. Das Armband wurde vielleicht von einem einheimischen Schmied aus Altgold gegossen, in Treibtechnik angefertigt und mit heimischen Motiven verziert.
An manchen Fingern steckten bronzene Fingerbergen oder Spiralfingerringe. Die Fingerbergen endeten auf zwei Seiten mit Spiralen.
Frauen der mecklenburgischen Gruppe ließen sich an den Unterschenkeln bronzene Beinbergen anlegen. Die beiden Enden dieser Schmuckstücke mit einem Durchmesser von bis zu zehn Zentimetern sind zu je einer Spiralscheibe aufgerollt. Die Spiralscheiben tragen Strichmuster, die sich zu einem Eisernen-Kreuz-, Winkel-, Querstrich- oder Leiterbandmotiv ergänzen. Gegen Ende der mittleren Bronzezeit lagen keine Beinbergen mehr in Gräbern, sondern nur noch in Mooren und Seen.
Neben ihrer praktischen Verwendbarkeit als Gewandschließen fungierten auch die bronzenen Nadeln und Fibeln (Gewandspangen) als Schmuckstücke. Dies trifft vor allem auf die bis zu 70 Zentimeter langen Weitgendorfer Nadeln zu, die nach einem Fundort in Brandenburg benannt sind. Derartige Prachtstücke kamen beispielsweise in Dabel (Kreis Parchim) und Gädebehn (Kreis Demmin) zum Vorschein. Typisch für sie sind der Kopf aus einer waagrechten Scheibe sowie der Hals mit Rippen und Wülsten.
Da man solche langen und daher hinderlichen Nadeln sicherlich nicht täglich tragen konnte, waren sie vielleicht nur Bestandteil der Totentracht. Ein Teil der Nadeln stammt aus Mooren, wo sie vermutlich als Opfergaben für eine weibliche Gottheit deponiert wurden.
Die den heutigen Sicherheitsnadeln ähnelnden Fibeln haben einen keulenförmigen Kopf, einen Kreuzbalkenkopf, einen Scheibennadelkopf mit flacher Kopfscheibe und Kreuzbalkenmuster oder einen Ringkopf. Als kostbarer Einzelfund gilt eine goldene Fibel von Blengow (Kreis Bad Doberan) in Mecklenburg-Vorpommern.
Etliche Männer- und Frauengräber enthielten Bernsteinperlen. Sie werden als Zeugnis des Tauschhandels mit Menschen an der Ostseeküste erachtet. Allein in einem Grab von Friedrichsruhe (Kreis Parchim) in Mecklenburg fanden sich mehr als 200 Bernsteinperlen von 0,6 bis fast vier Zentimeter Größe.
Ihren Schmuck, Creme und kleine Toilettegegenstände (rote Schminkstifte, bronzene Kämme und Pinzetten) bewahrten die Frauen mitunter in bronzenen Dosen (sogenannten Hängebecken) auf, die ab der Periode III in Mode kamen. Diese rundlichen Behältnisse mit flachem Boden wurden mit einem Deckel verschlossen. Sie sind auf der Außenseite meist prächtig verziert.
Die in einem Torfmoor von Barnekow (Kreis Nordwestmecklenburg) in Mecklenburg-Vorpommern entdeckte Schmuckdose ist auf der Wand durch umlaufende Rippen und auf dem Boden mit einem plastischen Kreis- und Sternmuster geschmückt. Ihr Deckel war mit Golddraht verschlossen, und sie enthielt zwei goldene Spiralfingerringe und eine bronzene Pinzette.
In einer anderen Schmuckdose aus einem Frauengrab von Grebs (Kreis Ludwigslust) in Mecklenburg-Vorpommern mit einem Durchmesser von 10,5 Zentimetern fanden sich Reste einer parfümierten Salbe. Den Verschluß dieses Behältnisses bildete ein Deckel aus dünnem Bronzeblech. Als Riegel diente ein flacher Span aus Sadebaumholz, den man durch drei Ösen geschoben hatte.
Der Sadebaum oder Stinkwacholder (Juniperus sabina) ist ein immergrüner Strauch, der in südlichen und südosteuropäischen Gebieten wächst. Sein Holz und seine Nadeln sind giftig. Noch im Mittelalter hat man aus dem Absud dieses Strauches ein Mittel gegen Hexenzauber hergestellt.
Zu Beginn der nordischen mittleren Bronzezeit setzte sich im westlichen Holstein die Brandbestattung weitgehend durch. In anderen Gegenden Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommerns geschah dies während der Übergangsphase von der mittleren zur jüngeren Bronzezeit. Die nach dem Verbrennen der Verstorbenen übriggebliebenen Knochenreste wurden in einen Baumsarg, in eine Urne oder auf eine Steinunterlage geschüttet. Teilweise lagen die Bestattungen unter ovalen Steinpackungen verborgen. Es gab Flach- und Hügelgräber.
Die größte Urne der nordischen Bronzezeit wurde bei Norddorf auf der Nordseeinsel Amrum entdeckt. In dem 70 Zentimeter hohen Tongefäß lagen verbrannte menschliche Knochen sowie ein Griffangeldolch, vier kleine bronzene Drahtspiralen, ein Ortband, ein Rasiermesser mit stilisiertem Pferdekopf am Griffende, ein Messer, eine zerbrochene Pinzette und eine Nadel. Die Urne hatte vermutlich einen Holzdeckel. Sie stand auf einem Steinpflaster und wurde von einem 30 Zentimeter dicken Steinmantel geschützt.
Neben Brandbestattungen praktizierte man auch noch Körperbeisetzungen. Nach Erkenntnissen des Schweriner Prähistorikers Robert Beltz (1854-1942) handelt es sich bei den Körpergräbern häufig um Beerdigungen von Männern. Dagegen sind die zu derselben Grabanlage gehörenden Leichenbrände mit Frauenbeigaben ausgestattet.
Einmalig in Norddeutschland ist ein Fund, der in einem der vier Grabhügel des Ortsteils Peckatel von Plate (Kreis Parchim) in Mecklenburg-Vorpommern glückte. Dort konnte ein 33,5 Zentimeter hoher, vierrädriger bronzener Kesselwagen mit vier jeweils 10,6 Zentimeter hohen vierspeichigen Rädern geborgen werden. Der Wagen mit dem Kesselaufsatz befand sich unter den Grabbeigaben einer bedeutenden Persönlichkeit und spielte wohl eine Rolle im damaligen Kult.
Ein ähnliches Gefährt wurde in Skallerup auf Seeland (Dänemark) gefunden. Es enthielt die verbrannten Knochen eines beigesetzten Häuptlings und stand in einem Holzsarg. Vom Rand des Kessels hängen an vier kurzen Ketten bronzene Klapperbleche. Manche Prähistoriker glauben, daß dieser Kesselwagen bei religiösen Zeremonien mit Wasser gefüllt und klappernd umhergefahren wurde, um Regen herbeizuzaubern. Als Kultobjekt für einen Regenzauber wird auch der Kesselwagen von Acholshausen in Bayern gedeutet. Beweisen läßt sich diese phantasievolle Interpretation freilich nicht.
In der nordischen mittleren Bronzezeit wurden die Toten mit Kleidung und persönlichem Besitz, darunter Metallbeigaben, entweder unverbrannt bestattet oder auf Scheiterhaufen eingeäschert.
Nicht dem Feuer überantwortet hat man die erwähnten Frauen von Lübz und Serrahn in Mecklenburg-Vorpommern. Der Grabhügel in Serrahn war zum Zeitpunkt der Ausgrabung noch ungefähr 1,60 Meter hoch und hatte einen Durchmesser von etwa 18,50 Metern. Er wurde von einem Steinkreis umgeben. Im Hügel bedeckte ein Steinhaufen die Bestattung einer Frau auf einem Baumsarg. Zu Füßen der Toten stand ein Tongefäß, das vermutlich ein Getränk enthielt.
Bedeutende Persönlichkeiten – wie Häuptlinge oder Priester – sind meistens mit reichen Beigaben beerdigt worden. Zu letzterer Kategorie gehört ein Brandgrab von Gönnebek (Kreis Segeberg) in Schleswig-Holstein. Darin lagen neben der erwähnten Goldschale und Goldschmuck auch ein Schwert, ein Pfriem, eine Nadel, Reste zweier Gewandnadeln, ein Meißel für Schädeloperationen (Trepanationen), ein Stück Roteisenstein und Tonscherben eines Henkelgefäßes.
Der Prähistoriker Karl Kersten (1909-1992) aus Schleswig hatte 1951 angenommen, daß die Funde aus Südholstein zur Lüneburger Gruppe gehörten. Seine Mutmaßung begründete er mit den in der Lüneburger Heide hergestellten, aber nördlich der Elbe entdeckten bronzenen Waffen und Schmuckstücken sowie der Haufenlage der flachen Grabhügel, die jener im Lüneburgischen glich.
Dagegen vermutete 1971 der Hamburger Prähistoriker Friedrich Laux eine gewisse Eigenständigkeit der bronzezeitlichen südholsteinischen Bevölkerung. 1989 wies er bei der Untersuchung von drei reichen Männerbestattungen aus einem Grabhügel bei Gülzow (Kreis Herzogtum Lauenburg) in Südholstein nach, daß die dortigen Funde nahezu ausschließlich aus dem Gebiet der nordischen Bronzezeit stammen.
Der Grabhügel bei Gülzow war 35 Meter lang, 25 Meter breit und 1,80 Meter hoch. Unter ihm waren in der mittleren Bronzezeit insgesamt zehn Bestattungen vorgenommen worden, die der Ausgräber Joachim Kühl aus Schleswig mit den Buchstaben A bis K versehen hatte. Die Gräber lagen unter Steinpackungen und waren von drei unterschiedlich großen Steinkreisen mit einem Durchmesser von sieben, 15 und 30 Metern umgeben. In Hornstorf (Kreis Herzogtum Lauenburg) fanden statt Steinen sogar Buschwerk und Reisig als Sargschutz Verwendung.
Nach den Waffenbeigaben und Toilettegeräten zu schließen, waren in drei Gräbern von Gülzow offensichtlich Männer zur letzten Ruhe gebettet worden. Die Waffenausrüstung des Mannes im Grab F enthielt neben anderem eine bronzene Pfeilspitze und drei weitere Exemplare aus Feuerstein. Der dazugehörende Bogen, die Pfeilschäfte und der Köcher sind verrottet.
Beim Grab H handelte es sich um ein Doppelgrab. Die Ausrüstung des im Westen bestatteten Mannes umfaßte ein Kurzschwert (Langdolch) mit angegossenem hohlen Griff und geradem Heftabschluß sowie eine Lanzenspitze mit Rillenzier am Blattrand. Die Lanzenspitze wird nach einem auf der schwedischen Insel Öland gelegenen Fundort als Typ Hulterstad bezeichnet. Eine Kombination von Kurzschwert und Lanze war während der mittleren Bronzezeit in Schleswig-Holstein nicht üblich, wohl aber in einer fortgeschrittenen Phase der mittleren Bronzezeit in der östlichen Lüneburger Heide.
Zu den Beigaben dieses Toten zählten zudem ein bronzenes Rasiermesser, eine Pinzette und ein Pfriem, die wohl einst in einer am Gürtel hängenden Tasche verwahrt wurden. Der Schmuck des Mannes bestand aus mehreren goldenen Lockenspiralen und Spiralröllchen, einem bronzener Doppelknopf und zwei Spiralplattenfibeln mit doppelter Kreuzbalkennadel.
Der im Ostteil von Grab H beerdigte Mann war mit einem bronzenen Griffplattenschwert, einer Lanzenspitze und einem Absatzbeil bewaffnet. Ähnliche Griffplattenschwerter mit langausgezogener, dreieckiger Griffplatte sowie drei festen und zwei weiteren Nieten liegen auch von anderen Fundorten aus dem Gebiet der nordischen Bronzezeit in Schleswig-Holstein und Dänemark vor, fehlen aber in Mecklenburg-Vorpommern und im nördlichen Niedersachsen. Dagegen wurden die Lanzenspitze in der Lüneburger Gruppe und das Absatzbeil in Schleswig-Holstein angefertigt.
Die seltene Waffenkombination von Schwert, Lanze und Beil kam auch in einem Grab von Müssen (Kreis Herzogtum Lauenburg) in Südholstein vor.
Typisch für die nordische Bronzezeit sind die Rasiermesser, Pinzetten und Doppelknöpfe aus dem Doppelgrab von Gülzow sowie die Art der Anlage des Hügels und die Bestattungssitten. In der Lüneburger Heide hatte man statt der zahlreichen Erweiterungen und Anbauten für die vielen Beisetzungen mehrere Grabhügel errichtet.
Beim Beinschmuck im südlichen Holstein überwiegen deutlich Beinringe mit vier Spitzovalbögen aus der Gegend von Uelzen gegenüber denen aus dem Bereich von Lüneburg.
Beim Armschmuck gab es Uelzener Armbänder und Armringe
mit Mecklenburger Mustern, während breite Manschettenarmbänder und Armringe mit gerader Leiterbandverzierung aus der Lüneburger Heide fehlen.
Friedrich Laux erklärt das Vorhandensein von Beinringen aus der Lüneburger Heide im südlichen Holstein mit der Einheirat lüneburgischer Frauen. Denn diese konnten ihre Beinringe nicht abnehmen, weil sie angeschmiedet waren. Laux meint, vielleicht sei den südholsteinischen Männern nur über größere Entfernungen hinweg die Eheschließung gestattet gewesen. Demnach wären die Frauentrachten vom Typ Deutsch Evern weniger ein Zeichen direkten Lüneburger Einflusses als ein Hinweis auf die damaligen Heiratssitten. Beinringe aus Escheburg (Kreis Herzogtum Lauenburg) zeigen überdies, daß auch Frauen aus der Altmark ins südliche Holstein gelangt sind.
Die Frauen mit den angeschmiedeten Beinringen aus der Lüneburger Heide müssen die Elbe überquert haben, um die Gegend jener Orte zu erreichen, an denen sie bestattet wurden. Eine Überquerung der Elbe setzt das Vorhandensein von Wasserfahrzeugen – wie Flößen, Booten oder Einbäumen – voraus.

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