Das Seddiner »Königsgrab«
Rohfassung eines Textes für das Buch "Deutschland in der Bronzezeit" (1996) von Ernst Probst in alter deutscher Rechtschreibung
In der nordischen jüngeren Bronzezeit von etwa 1100 bis 800 v. Chr. vergrößerte sich das Verbreitungsgebiet des Nordischen Kreises um ein Vielfaches seiner ursprünglichen Ausdehnung. Es reichte nun im Süden bis zur Oder, Saale und Weser sowie im Norden bis Schweden und Norwegen. Wegen dieser Entwicklung spricht man auch vom großnordischen Kreis. In Deutschland gehörten Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, das nördliche Brandenburg und der Norden Sachsen-Anhalts zum Bereich der nordischen jüngeren Bronzezeit.
Diese Kultur wird von den Prähistorikern in mehrere Gruppen eingeteilt. In Mecklenburg-Vorpommern gab es die Rügener Gruppe und Neubrandenburger Gruppe, im südlichen Mecklenburg-Vorpommern und im nördlichen Sachsen-Anhalt die Elb-Havel-Gruppe, im nördlichen Brandenburg und in Vorpommern die Uckermärkisch-westpommersche Gruppe und die Usedom-Woliner-Gruppe, im nördlichen Brandenburg die Prignitz-Gruppe (auch Seddiner Gruppe genannt) und die Rhin-Gruppe. Dagegen ist bisher in Schleswig-Holstein eine entsprechend weitergehende Unterteilung unterblieben.
Die Menschen aus dieser Zeit gelten als die unmittelbaren Vorfahren der Germanen. Bei der Untersuchung von Leichenbränden aus dem Flachgräberfeld in Warlin (Kreis Mecklenburg-Strelitz) konnte die Körperhöhe der dort Bestatteten ermittelt werden. Demnach waren die Männer in dieser Gegend zwischen 1,55 und 1,63 Metern groß. Eine Frau brachte es auf etwa 1,55 Meter Größe.
Eine auffallend hohe Kindersterblichkeit wurde bei Blievenstorf (Kreis Ludwigslust) in Mecklenburg-Vorpommern festgestellt. In fast der Hälfte der Gräber lagen Kinder und Jugendliche. Damit war dort die Todesrate unter dieser Bevölkerungsgruppe größer als in der nachfolgenden Vorrömischen Eisenzeit. In Hagenow-Granzin (Kreis Ludwigslust) in Mecklenburg-Vorpommern betrug das Durchschnittsalter aller Bestatteten zwischen 25 und 32 Jahren. Der älteste Tote war mindestens 55 Jahre alt.
Obwohl die Toten in der nordischen jüngeren Bronzezeit ausnahmslos verbrannt wurden, konnte man an ihren spärlichen Knochenresten vereinzelt Spuren von Krankheiten erkennen. So sind bei einem Jugendlichen aus Bad Oldesloe (Kreis Stormarn) die Augenhöhlendächer porös (Cribra orbitalia), was auf eine Mangelerkrankung hinweist. Einem mehr als 45 Jahre alten Mann aus Gielow (Kreis Demmin) in Mecklenburg-Vorpommern fielen zu Lebzeiten einige kranke Zähne aus. Teilweise haben sich danach im Ober- und Unterkiefer Abszesse gebildet.
Die 1,5 Zentimeter lange Hiebverletzung auf dem Schädel einer mindestens 30jährigen Frau aus Gielow deutet darauf hin, daß es damals nicht immer friedlich zuging. Die Verletzung ist durch einen scharfschneidigen Gegenstand verursacht worden und ohne Komplikationen verheilt.
Der Griff eines elf Zentimeter langen bronzenen Messers bei Beringstedt nördlich von Itzehoe (Kreis Rendsburg-Eckernförde) in Schleswig-Holstein lieferte Hinweise auf die Kleidung und den Schmuck der Frauen. Denn der sieben Zentimeter hohe Griff zeigt eine Frau mit kurzem Schnurrock, geflochtenem Gürtel, zwei Halsringen, einem Ohrring im überdimensionierten linken Ohr, Spiralen an den Unterarmen und einer Gürteldose auf dem Rücken. In ihrem Armen hält sie ein Gefäß. Die weibliche Gestalt wird als Priesterin, Göttin (»Halsringgöttin«) oder Opfernde gedeutet. Die abgebrochene Klinge ist mit einer Schiffsdarstellung verziert.
Als Kleidungsbestandteile gelten Knöpfe und Nadeln aus Bronze und Geweih. Bronzene Knöpfe sind unter anderem aus Mannhagen, Schwarzenbek, Tremsbüttel, Pahlen, Kölln-Reisik (alle in Schleswig-Holstein) und aus der Nähe von Warlow in Mecklenburg-Vorpommern bekannt. Sie sind in unterschiedlichen Formen angefertigt und teilweise prächtig verziert.
Die meisten Bronzeknöpfe wurden bei Warlow (Kreis Ludwigslust) in Mecklenburg-Vorpommern gefunden. Dort barg man etwa 190 Exemplare mit einem Durchmesser von 0,5 bis 0,8 Zentimetern, die im Innenteil mit einem bandförmigen kleinen Bügel versehen sind. Zum auf einem Wiesengelände in Tremsbüttel (Kreis Stormarn) freigelegten Depot gehören 65 kleine Bronzeknöpfe. Von den zwei Doppelknöpfen in Kölln-Reisik (Kreis Pinneberg) ist einer mit konzentrischen Rillen (vermutlich ein Sonnensymbol) und einer mit einem vierstrahligen Sternmuster verziert. Der Doppelknopf aus einem Grab von Schwarzenbek präsentiert auf der Schauseite ein Spiralmuster.
Verzierte Knöpfe aus Geweih in Knebelform liegen vom Voßberg bei Groß Gottschow (Kreis Prignitz) in Brandenburg, Hagenow-Granzin (Kreis Ludwigslust), Groß Upahl (Kreis Güstrow) und Wendelstorf (Kreis Bad Doberan) in Mecklenburg-Vorpommern vor. Sie sind mit Kreisaugen verschönert.
Die bronzenen Nadeln haben oft einen gekrümmten Schaft. Je nach ihrer Form werden sie als Warzenkopf-, Vasen-, Schälchen- und Scheibennadeln sowie als Nadeln mit doppelkonischem Kopf bezeichnet.
Außer Nadeln dienten bronzene Fibeln zum Verschließen von Gewändern. Bei den Fibeln mit spitzovalem Bügel wurden die Spiralen durch feste Platten ersetzt sowie der Bügel verkürzt und rautenförmig gestaltet.
Funde von Kämmen verraten, daß man eine ordentliche Frisur zu schätzen wußte. Je ein bronzener Kamm kam an den schleswig-holsteinischen Fundorten Kaisborstel (Kreis Steinburg) und Meldorf (Kreis Dithmarschen) sowie in Seddin (Kreis Prignitz) in Brandenburg zum Vorschein. In Emkendorf (Kreis Rendsburg-Eckernförde) soll ein Knochenkamm entdeckt worden sein, der jedoch verschollen ist.
Weitere Toilettegeräte sind bronzene Pfrieme, die als Tätowiernadeln fungierten, sowie Rasiermesser und Pinzetten. Die Rasiermesser waren zunächst drei-, später viereckig und wurden mitunter zu Kunstwerken im Kleinformat gestaltet. Ihr Griff ist S-förmig gebogen und endet manchmal mit einem Vogel- oder Pferdekopf. Die Klingen hat man teilweise mit Schiffsszenen verschönert. Pinzetten (Nippzangen) sind oft mit Leiterbandmustern verziert.
Die Ackerbauern und Viehzüchter wohnten in unbefestigten Haufendörfern, jedoch gelegentlich auch in befestigten Siedlungen (»Burgen«). Erhalten blieben davon Gruben, Hausgrundrisse, Keramikfragmente, Werkzeuge sowie Reste von Herden und Backöfen.
In der Hamburger Gegend sind mehrere Siedlungen aus jener Zeit durch archäologische Funde nachgewiesen. Drei davon haben nördlich der Elbe auf sandigen Geestböden nahe der Niederung des Flusses Bille gelegen.
Das größte jener Dörfer mit einer Ausdehnung von etwa 9000 Quadratmetern wurde bei Hamburg-Boberg (Groten Heesen) entdeckt. Dort hat man fünf Häuser mit einer Länge von 7,50 bis 12,50 Metern und einer Breite von vier bis fünf Metern sowie 838 Gruben freigelegt.
Die Siedlung an der Fundstelle Hamburg-Lohbrügge (Höperfeld) hatte ungefähr 5000 Quadratmeter Fläche. Von ihr blieben Reste von Hausgrundrissen und Gruben erhalten. Deren ehemalige Bewohner haben zahlreiche Keramikreste, Werkzeuge aus Feuer- und Felsgestein hinterlassen.
Das Dorf von Hamburg-Lohbrügge (Am Langberg) nahm eine Fläche von etwa 4000 Quadratmetern ein. Es konnten Reste von Hausgrundrissen und ca. 520 Gruben festgestellt werden. Zum Fundgut gehörten vor allem Keramik und Steingeräte.
Teile von Dörfern kamen außerdem bei Grabungen in Lenzersilge, Perleberg, Viesecke und Uetz (Brandenburg), in Klein Krams (Mecklenburg-Vorpommern) sowie in Osterburg-Zedau (nördliches Sachsen-Anhalt) zum Vorschein. Dabei wurden wichtige Erkenntnisse über die Anlage der Siedlungen, der Häuser und teilweise sogar über deren Inneneinrichtung gewonnen.
Die Siedlung von Lenzersilge im Kreis Prignitz lag in der Flußniederung der Silge. Sie war als Haufendorf angelegt, bei dem die Häuser nicht in Reihen, sondern in einem Haufen angeordnet sind. In Lenzersilge rahmten die Gebäude einen freien Platz ein. Im noch nicht zerstörten Teil dieses Haufendorfes wurden sieben Hausgrundrisse ermittelt. Das kleinste Gebäude war etwa 3,90 Meter lang und 3,40 Meter breit, während das größte eine Länge von ungefähr sechs Metern und eine Breite von 3,20 Metern aufwies.
In Lenzersilge bestanden die Häuser aus einer Pfostenkonstruktion mit Fachwerkwänden. Zu fast allen Anwesen gehörte eine Vorhalle. In den Häusern 1 und 5 wurden in Kellergruben Vorräte aufbewahrt. Verschiedene Bronzeobjekte im Haus 1 belegen, daß darin ein Bronzegießer wohnte. Andere Häuser dienten ebenfalls als Heimstätten von Handwerkern, wie Funde tönerner Spinnwirtel und Webgewichte demonstrieren.
Bei der Siedlung von Perleberg im Kreis Prignitz handelte es sich ebenfalls um ein Haufendorf. Dessen 16 Häuser waren um einen freien Platz in der Mitte mit einem Backofen gruppiert. Meistens hatten die Häuser eine Länge von fünf und eine Breite von vier Metern. Es gab aber auch einige größere Bauten mit den Maßen sieben mal zwölf Meter, in denen womöglich reichere Familien lebten. Die Bewohner dieser Siedlung haben offenbar das Dorf beim Verlassen systematisch geräumt, weil nur wenige Hinterlassenschaften zurückblieben.
Neun Grundrisse von rechteckigen Häusern mit Flächen von etwa 30 bis zu 36 Quadratmetern wurden in Viesecke (Kreis Prignitz) freigelegt. Der Abstand zwischen diesen Bauten betrug jeweils etwa acht Meter. Die Gebäude besaßen häufig an der Giebelseite, an der sich der Eingang befand, eine Vorhalle oder eine Art Windfang aus einer Wand mit senkrechten Bohlen.
Bei Rettungsgrabungen in Uetz (Kreis Potsdam-Mittelmark) wurden mehrere rechteckige Hausgrundrisse von etwa 15 Meter Länge und sieben Meter Breite festgestellt. Au-ßerdem sind Herdstellen sowie Vorrats- und Abfallgruben zum Vorschein gekommen.
In Klein Krams (Kreis Ludwigslust) stieß man auf ein großes Rechteckhaus mit Lehmwänden und drei Öfen. Pfostenlöcher konnten nicht beobachtet werden. Einer der Öfen diente zum Rösten von Eicheln. Bei einem anderen Ofen befand sich eine kellerartige Vertiefung, in der tönerne Vorratsgefäße untergebracht waren. Außerdem lagen darin viele Bruchstücke von Behältnissen, die vermutlich nach dem Abbrennen des Hauses von Regalen gefallen sind. In dem Haus hat man Fragmente von etwa 60 Tongefäßen geborgen. Das Gehöft wurde von einem Zaun umgeben.
Eine der größten unbefestigten Siedlungen jener Zeit wurde auf einer Talsandinsel am Rand der Flußniederung der Biese bei Osterburg-Zedau (Kreis Stendal) im nördlichen Sachsen-Anhalt ausgegraben. Von den insgesamt 78 nachgewiesenen Gebäuden waren 46 in den Boden eingetieft und 32 ebenerdig. Bei den letzteren Bauten im Zentrum der Siedlung handelte es sich um rechteckige Wohnhäuser. 28 der Wohnhäuser waren 5,40 Meter lang, drei Meter breit und im hinteren Teil mit einer Herdstelle versehen.
Merklich größer waren die restlichen vier Wohnhäuser von Osterburg-Zedau mit einer Wohnfläche von bis zu 40 Quadratmetern. Sie hatten ein hölzernes Gerüst aus zwölf Pfosten und waren in zwei Räume eingeteilt. In diesen Häusern wohnten vermutlich bedeutende Persönlichkeiten wie der Häuptling, Dorfälteste oder Priester.
Die 46 eingetieften Bauten von Osterburg-Zedau lagen am Rand der Siedlung. Sie dienten als Speicher beziehungsweise Werkstätten und waren 4,70 bis 7,90 Meter breit. Nach Schätzungen des Ausgräbers Fritz Horst (1936-1990) aus Berlin lebten in diesem Dorf etwa 120 Menschen.
Aus Mecklenburg-Vorpommern sind einige Befestigungen der nordischen jüngeren Bronzezeit bekannt. Solche »Burgen« gab es in Basedow (Kreis Demmin), auf dem Golm bei Kamminke (Kreis Ostvorpommern), Klein-Luckow (Kreis Müritz) und bei Kratzeburg (Kreis Mecklenburg-Strelitz) sowie möglicherweise in Penzlin (Kreis Müritz) und Rühlow (Kreis Mecklenburg-Strelitz).
Die imposante Befestigung von Basedow wurde durch eine Plankenwand geschützt, von der bei Ausgrabungen Reste zum Vorschein kamen. Vor der Plankenwand verlief in einigem Abstand ein Graben. Im Schutze dieser »Burg« lebten schätzungsweise 650 Menschen. Außer Scherben von Tongefäßen konnten dort auch Skelettreste eines vielleicht getöteten Kriegers geborgen werden. Die »Burg« von Basedow ist abgebrannt.
Auf einer Anhöhe zwischen zwei Seen war die Wallburg von Klein-Luckow errichtet worden. Sie hatte einen ovalen Grundriß.
Die »Burg« bei Kratzeburg war an der Ostseite des Dambecker Sees auf einem etwa 350 Meter langen und maximal 125 Meter breiten Plateau mit rundum abfallenden Hängen angelegt worden. Bei Ausgrabungen stieß man auf Pfosten-, Vorrats- und Abfallgruben sowie auf Reste eines fast fünf Meter breiten und vier Meter hohen verbrannten Walles, der einst die Befestigung umgab. Das Bollwerk war aus Holz und Erde konstruiert. Es wurde an der Vorder- und Rückfront durch eine Plankenwand abgeschlossen und mittels Ankerhaken in der Erdfüllung stabilisiert. Den Wall sicherte in 15 Meter Entfernung ein neun Meter breiter und 2,50 Meter tiefer Graben ab.
Getreidereste und -abdrücke, bronzene Sicheln, steinerne Getreidemühlen sowie Knochenreste von Haustieren lassen keinen Zweifel daran aufkommen, daß sich die damaligen Menschen vor allem vom Ackerbau und von der Viehzucht ernährten. Die Jagd und der Fischfang hatten keine große Bedeutung mehr.
Aus Möllenknob bei Archsum auf der Nordseeinsel Sylt ist der Anbau von Emmer (Triticum dicoccon), Dinkel (Triticum spelta) und Nacktgerste (Hordeum vulgare var. nudum) bekannt. Außerdem sind dort die Ackerunkräuter Vogelknöterich (Polygonum aviculare), Flohknöterich (Polygonum persicaria) und Weißer Gänsefuß (Chenopodium album) nachgewiesen. In Keelbek und Süderschmedeby im Kreis Flensburg wurden Abdrücke von Gerstenkörnern entdeckt, im Ortsteil Ashausen von Stelle (Kreis Harburg) solche von Weizen und Gerste sowie letztere ebenfalls aus Hittfeld-Karoxbostel (Kreis Harburg). In der Siedlung von Zitz (Kreis Potsdam-Mittelmark) kamen zahlreiche Samen von Ackerbohnen (Vicia faba) mit Fraßspuren von Ackerbohnen-Käfern zum Vorschein.
Allein zum Depot bei Bäk am Ratzeburger See (Kreis Herzogtum Lauenburg) in Schleswig-Holstein gehörten 14 Fragmente von bronzenen Sicheln für die Getreideernte. Eine bronzene Knopfsichel lag auch im Depot des Ortsteils Eichede von Steinburg (Kreis Stormarn) in Schleswig-Hol-stein. Bruchstücke einer steinernen Getreidemühle fanden sich in einem Grab von Warlin (Kreis Mecklenburg-Strelitz) in Mecklenburg-Vorpommern.
Die Bewohner der erwähnten Befestigung bei Kratzeburg hielten Rinder, Schweine, Pferde und Hunde als Haustiere. Am häufigsten waren dort die Reste von Rindern (23 Tiere), danach folgten solche von Schafen und Ziegen (mindestens 18 Tiere), Schweinen (sieben Tiere), vom Pferd und vom Hund.
Die Rinder von Kratzeburg hatten eine Widerristhöhe von 1,09 bis 1,23 Metern. Etwa zwei Drittel bis drei Viertel wurden geschlachtet, bevor sie das Alter von dreieinhalb Jahren erreichten. Die Schafe waren mit einer Widerristhöhe von 59 bis 65 Zentimetern etwa so groß wie heutige Heidschnucken. Sie wurden meistens erst nach dreieinhalb Jahren für den Verzehr getötet. Bei den Schweinen hatten die erwachsenen Tiere eine Widerristhöhe von 65 bis 70 Zentimetern. Bei ihnen sind alle Altersklassen geschlachtet worden.
In der erwähnten Siedlung von Zitz konnten Knochen von mindestens neun Rindern, fünf Schweinen, fünf Schafen oder Ziegen, drei Pferden und drei Hunden identifiziert werden. Aus der Siedlung auf dem Weilickenberg am Tornowsee bei Gühlen-Glienicke (Kreis Ostprignitz-Ruppin) in Brandenburg sind Reste von zehn Rindern bekannt.
Sogar Gräber lieferten manchmal Hinweise auf die damalige Viehzucht. Dies war bei Blievenstorf (Kreis Ludwigslust) in Mecklenburg-Vorpommern der Fall. Dort lagen zwischen den Gebeinen von auf Scheiterhaufen eingeäscherten Menschen auch Tierknochenstücke vom Pferd (ein Grab), vom Schwein (zwei Gräber) sowie vom Schaf oder von der Ziege (drei Gräber). Vielleicht handelte es sich um Überbleibsel des Leichenschmauses.
In freier Natur konnte man damals noch viele Wildtiere jagen. Als wichtigste Jagdbeute gelten Auerochsen, Elche, Rothirsche, Rehe, Wildschweine und Hasen. Daneben wurden auch Braunbären, Wölfe, Füchse, Wildkatzen, Luchse, Dachse, Gemsen, Biber, Adler, Schwäne und Möwen erlegt. Die größeren Tiere brachte man mit Speeren sowie mit Pfeil und Bogen zur Strecke. Kleinere Tiere wie Eichhörnchen, Igel, Marder, Iltisse und Wiesel fing man mit Fallen.
Die Jagd auf Rothirsche (Cerphus elaphus) und Hasen (Lepus europaeus) ist durch Knochenreste aus der Befestigung von Kratzeburg belegt. Die Bergung einer hölzernen Falle glückte in Ganzlin (Kreis Parchim) in Mecklenburg-Vorpommern. In der Siedlung Zitz fanden sich Jagdbeutereste vom Rothirsch, Hasen sowie Auerochsen (Bos primigenius) oder Wisent (Bos bonasus).
Gefischt hat man in Seen, Bächen und Flüssen mit Netzen, Harpunen und Angeln. Teilweise geschah dies vermutlich an Bord von Einbäumen aus. Zur Beute zählten neben anderen so große Fische wie Hecht (Esoc lucius), Wels (Silurus glanis) und Zander (Lucioperca lucioperca).
In einer Siedlungsgrube bei Schmalstede (Kreis Rendsburg-Eckernförde) lagen verkohlte Reste von Nacktgerste (Hordeum nudum), in einer anderen 220 Gramm verkohlter halbierter Wildäpfel (Malus sylvestris) und 35 Gramm verkohlter Hälften von geschälten Eicheln (Quercus robur).
Geröstete oder verbrannte Eicheln konnten auch bei Hittfeld im Kreis Harburg nachgewiesen werden. Der zentral auf dem Dorfplatz angelegte Backofen des erwähnten Haufendorfes Perleberg deutet darauf hin, daß es Backgemeinschaften gegeben haben könnte.
Zu den Tongefäßen der nordischen jüngeren Bronzezeit gehörten Kannen mit Schrägriefen, Buckelgefäße, weitmündige doppelkonische Terrinen (Doppelkoni), Zylinderhalsgefäße, Henkeltöpfe, Zipfelschalen, tassenförmige Gefäße und tönerne Löffel. In der Siedlung von Osterburg-Zedau gehörten zu jedem Wohnhaus ungefähr 50 Tongefäße unterschiedlicher Form und Größe: ein Sieb- und sieben Kleingefäße, 22 Töpfe mittlerer Größe, 18 Schalen und Näpfe, sowie drei große Rauhtöpfe.
Die Siedlungskeramik wurde meistens verziert, die Graburnen dagegen blieben häufig schmucklos. Als Ornamente dienten Besenstrich, Kerbenreihen, schräg verlaufende Kanneluren, eingeritzte Bögen, Tannenzweigmuster, Dreiecke, Linien, Kammstrich, Fingernageleindrücke, Knubben und gewellte Ränder.
Das umfangreiche Keramikdepot von Gramzow (Kreis Uckermark) in Brandenburg verrät, daß Tongefäße teilweise se-rienmäßig in Töpfereien modelliert wurden. Zu diesem Depot gehören insgesamt 36 Tongefäße, darunter 33 Kannen, die der Besitzer nicht mehr geborgen hat.
Gußformen, Gußkuchenreste, Altmetall, Werkzeuge und Depots mit verschiedenen bronzenen Werkzeugen, Waffen und Schmuckstücken deuten auf eine hochentwickelte Metallurgie hin. Gegen Ende dieser Kultur waren sogar schon eiserne Objekte in Gebrauch, die als Vorboten eines neuen Zeitalters gelten.
In der Befestigung bei Kratzeburg wurden zwei Gußformen und bei der Bronzeverarbeitung benutzte Steingeräte mit Rille entdeckt. Als Bronzegießerwerkzeug gilt ein Steingerät mit Rille aus Gühlen-Glienicke (Kreis Ostprignitz-Ruppin) in Brandenburg. Aus Alt Plestin (Kreis Demmin) in Mecklenburg-Vorpommern sind ein Amboß aus Geweih und ein Tüllenhammer bekannt. Ein ähnlicher Hammer liegt aus Rossow (Kreis Uecker-Randow) in Mecklenburg-Vorpommern vor.
Gußkuchenreste und Bronzeobjekte hat man – wie bereits erwähnt – im Haus 1 von Lenzersilge gefunden. Altmetall, das zum Bronzeguß wiederverwendet werden sollte, kam in Murchin (Kreis Ostvorpommern) in Mecklenburg-Vorpommern zum Vorschein. Zwei eiserne Nadeln fanden sich im »Königsgrab« von Seddin (Kreis Prignitz).
Das Vorhandensein von Metallobjekten in Depots war nach Ansicht von Prähistorikern die Folge rückgängiger Erzimporte. Vielleicht war die Metallgewinnung im Alpenraum rückläufig oder traditionelle Handelswege wurden durch Völkerbewegungen gesperrt. Es wäre aber auch ein Mangel an Tauschhandelsgütern denkbar, der vielleicht aufgrund des Schwindens der jütischen Bernsteinlager entstanden sein könnte. Wegen der verringerten Metallimporte mußte Altmetall umgeschmiedet oder umgeschmolzen werden. Die Depots mit Altmetall spiegeln eindrucksvoll wider, welche Werkzeuge, Waffen und Schmuckstücke damals angefertigt wurden.
Zum Depot bei Bäk am Ratzeburger See (Kreis Herzogtum Lauenburg) in Schleswig-Holstein gehörten fünf Schwert-, neun Lanzen- (von fünf Lanzen), vier Tüllenbeil- und fünf Messerbruchstücke, zwei Messer, 14 Sichelfragmente, ein Sägenfragment, zwei kleine Meißel, zwei Pinzettenfragmente, ein Schaftbruchstück, der kegelförmige Kopf einer Nadel, zahlreiche Bruchstücke von Arm- und Beinringen sowie Bronzebuckelchen.
Das Depot in einem Tongefäß von Kronshagen unweit von Kiel (Kreis Rendsburg-Eckernförde) umfaßte ein Bronzeband (Zierband beziehungsweise »Diadem«), drei Hängebecken (Hängegefäße), einen Gürtelbuckel, drei gedrehte Halsringe, zwei Armspiralen, zehn Armstulpen, sieben Bruchstücke von Armspiralen aus Doppeldraht und einen Lanzenschuh. Das 55 Zentimeter lange und verzierte Bronzeband stammt vielleicht von einem Gürtel. Seine kultischen Motive könnten darauf hindeuten, daß es bei besonderen Festlichkeiten getragen wurde.
Ein weiteres Depot kam bei Murchin (Kreis Ostvorpommern) in Mecklenburg-Vorpommern zum Vorschein. Er enthielt 27 komplette Klingen und acht Bruchstücke von Tüllenbeilen, das Bruchstück eines Lappenbeiles, drei Tüllenmeißel, drei Lanzenspitzen, sieben Sicheln, 13 Armringe, einen kleinen Blechring, drei Ringe, sieben Ösenhalsringe, fünf Nadeln, das Bruchstück einer Schwertklinge, einen Messerrest und ein Trensenbruchstück.
Fast nur aus Schmuckstücken bestand das Depot von Roga (Kreis Mecklenburg-Strelitz) in Mecklenburg-Vorpommern. Dabei handelte es sich um ein Bronzebecken, ein verziertes »Diadem«, drei dünne Halsringe, sechs Armmanschetten, drei Spiralfingerringe, zwei Ringe und um einen Bernsteinring.
Außer Werkzeugen aus Bronze gab es weiterhin solche aus Stein, Knochen und Geweih, wie Funde aus Siedlungen und Gräbern beweisen. Im Grabhügelfeld bei Nettelbeck (Kreis Prignitz) in Brandenburg lag beispielsweise ein Wetzstein aus Sandstein mit Durchbohrung und Benutzungsspuren. Geweihreste mit Bearbeitungsspuren sind aus den erwähnten Siedlungen bei Kratzeburg in Mecklenburg-Vorpommern und von Gühlen-Glienicke (Kreis Ostprignitz-Ruppin) in Brandenburg bekannt. In Gühlen-Glienicke konnten unter anderem zwei Hirschgeweihäxte geborgen werden. Aus Oldenburg (Kreis Ostholstein) in Schleswig-Holstein liegt eine mit Kreisaugen verzierte, Hischgeweihaxt vor.
Reste von Geweih- und Knochengeräten wurden in etlichen schleswig-holsteinischen Brandgräbern entdeckt. So lag in einem Kindergrab von Bordesholm (Kreis Segeberg) ein bandförmiges, zwei Zentimeter breites, mit Punktaugen verziertes Knochengerät. In einem Männergrab vom selben Fundort fand sich der Rest einer Pfeilspitze aus Geweih und in einem Männergrab von Emkendorf-Kleinvollstedt (Kreis Rendsburg-Eckernförde) ein 13,4 Zentimeter langer Pfriem aus Geweih.
Der Griff bronzener Messer endet teilweise mit einem stilisierten Vogelkopf, einem Spiralgriff oder sogar mit einer Menschenfigur. Exemplare mit einem menschengestaltigen Griff kennt man aus Beringstedt (Kreis Rendsburg-Eckernförde) und aus Tennsbüttel-Röst (Kreis Dithmarschen). Andere Messer haben nur einen Ringgriff. Oft wurde der Rücken der Messerklinge verziert. Manche Messer sind Importstücke aus dem Gebiet der süddeutschen Urnenfelder-Kultur.
Bronzene Pfrieme wurden manchmal mit einem Griff aus Bernstein versehen. Derartige Objekte kennt man aus Bunsoh (Kreis Dithmarschen) und aus dem Urnenfeld von Wacken (Kreis Rendsburg-Eckernförde) in Schleswig-Hol-stein.
Manche Krieger schützten ihren Kopf mit einem bronzenen Helm. Ein solcher wurde 1836 in einem Moor von Sehlsdorf (Kreis Parchim) in Mecklenburg-Vorpommern entdeckt. Diese 25,5 Zentimeter hohe Kopfbedeckung mit glockenförmiger Kappe und knaufartigem Knopf stammt vermutlich aus dem Donaugebiet zwischen Karpaten und Balkan. Vielleicht ist er in der Gegend des Theißbogens angefertigt worden. Ein weiterer Bronzehelm konnte zwischen 1910 und 1912 bei der Erweiterung und Vertiefung des Havelkanals in Oranienburg (Kreis Oberhavel) zusammen mit einem Griffangelschwert geborgen werden.
Zwei bronzene Helme mit jeweils zwei geschwungenen Hörnern kamen in einem Moor von Vikso/ auf Seeland (Dänemark) zum Vorschein. Einer davon lag auf einem Holzbrett, der andere auf einer Tonschale. Bei beiden handelte es sich wohl um Opfergaben. Jeder von ihnen hat vorne einen hakenförmigen Schnabel und an dessen Seiten große nach au-ßen gewölbte Augen unter krummen Augenbrauenbögen. Verziert wurden diese Helme mit Reihen und Kreisen getriebener Buckel. Auf beiden Helmen verläuft eine tiefe Rille, in der sich Feder- oder Haarbüschel befestigen ließen.
Die zwei 1844 im Sumpfboden von Herzsprung (Kreis Uckermark) im nördlichen Brandenburg gefundenen Bronzeschilde eigneten sich wegen ihrer geringen Wandstärke nicht als Schutzwaffen. Sie dienten nur zu Prunk- oder Repräsentationszwecken. Einer von ihnen ist kreisrund und hat einen Durchmesser von 70 Zentimetern, der andere ist etwas oval und hat einen Durchmesser von 71 mal 68 Zentimetern. Diese Schilde sind mit konzentrischen Kreisen aus Buckelreihen und Wülsten verziert, die halbmondförmige Aussparungen haben. Solche Herzsprung-Schilde sind von Nordeuropa und den Britischen Inseln über Mitteleuropa bis nach Spanien und zu den Heiligtümern Griechenlands und Zyperns verbreitet.
Nach einem Fundort bei Stettin in Mecklenburg-Vorpommern werden die Schilde vom Typ Nipperwiese bezeichnet. Zu jenem Typ, von dem aus Deutschland einige Exemplare bekannt sind, gehört der Schild von Schiphorst (Kreis Herzogtum Lauenburg) in Schleswig-Holstein). Er hat einen Durchmesser von 39 Zentimetern, ist in der Mitte schwach nach außen gewölbt und dort sowie am Rand mit drei schmalen Rippen versehen.
Zur Waffenausrüstung gehörten damals außer den erwähnten Schutzwaffen in Form von Helmen und Schilden auch Angriffswaffen wie bronzene Schwerter, Dolche, Speere sowie Pfeil und Bogen. Bronzene Streitäxte waren aus der Mode gekommen.
Bei den Schwertern lassen sich so viele Formen wie nie zuvor unterscheiden. Es gab Hörnerknauf-, Dreiwulst-, Nierenknauf-, Antennen-, Möriger- und Auvernier-Schwerter. Erstere vier sind nach der Form benannt, die letzteren zwei nach Fundorten in der Schweiz. Die Schwerter zeichnen sich durch eine hohe Qualität aus und sind häufig auf dem Griff mit Gold verziert. Das Depot von Stölln (Kreis Havelland) in Brandenburg umfaßte sieben Schwerter und eine Lanzenspitze.
Neu bei den Speerspitzen waren Formen mit hohlem Blatt. Allein in Gabow (Kreis Märkisch-Oderland) in Brandenburg konnten elf bronzene Lanzenspitzen zusammen mit zwei Nierenringen geborgen werden.
Die Pfeilschäfte wurden meistens mit bronzenen zweischneidigen Spitzen bewehrt. Diesbezügliche Fundstücke kennt man aus Mannhagen (Kreis Herzogtum Lauenburg), Schalkholz (Kreis Dithmarschen) und Pohnsdorf (Kreis Plön). Daneben gab es Pfeilspitzen aus Feuerstein und Knochen, wie an je einem Fund aus Grebs (Kreis Ludwigslust) in Mecklenburg-Vorpommern ersichtlich wird.
Beile dienten nur noch als Arbeitsgeräte. Die Klingen der Tüllenbeile hatten zunächst eine gerade und später eine bogenförmige Schneide. Weitere Werkzeuge waren bronzene Meißel sowie Messer mit einfachem oder doppeltem Ringgriff. Manche Messer sind Importstücke aus dem Gebiet der süddeutschen Urnenfelder-Kultur.
Einen wertvollen Besitz stellten sicherlich die Tassen aus Bronzeblech vom Typ Fuchsstadt und vom Typ Jenisˇovice (früher Typ Kirkendrup) dar, die nach Fundorten in Bayern und Böhmen benannt sind. Dabei handelt es sich um Trinkgefäße mit einem Henkel.
Aus Basedow (Kreis Demmin) liegen eine Tasse vom Typ Fuchsstadt und zwei Tassen vom Typ Jenisovice, aus Dah-men (Kreis Demmin) eine Tasse vom Typ Jenisovice und aus Klein Luckow (Kreis Müritz) drei Tassen vom Typ Jenisovice vor. Sämtliche Fundorte sind in Mecklenburg-Vorpommern gelegen.
In Herzberg (Kreis Ostprignitz-Ruppin) in Brandenburg erfaßte im September 1991 die Schaufel eines Bagger beim Herrichten einer Teichanlage das Unterteil einer Bronzeblechamphore, die fünf Bronzebecher enthielt. Die Becher waren wie ein Satz mit den Mündungen nach oben ineinandergesteckt.
Aus Bronzeblech bestanden Schöpfgefäße mit Henkel, die teilweise verziert sind. Zwei solcher Gefäße fanden sich in den Heidbergen bei Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern. Sie sind aus einem Stück gegossen. Das besser erhaltene Exemplar ist 5,1 Zentimeter hoch und hat am Rand einen Durchmesser von 8,3 Zentimetern. Das andere ist 5,5 Zentimeter hoch, hat am Rand einen Durchmesser von 8,9 Zentimetern und ist auf dem Unterteil mit zwei umlaufenden Spiralbändern geschmückt. Zwei Bruchstücke eines Schöpfgefäßes kamen bei Levitzow (Kreis Güstrow) in Mecklenburg-Vorpommern zum Vorschein.
In einem Moor bei Granzin bei Lübz (Kreis Parchim) in Mecklenburg-Vorpommern hat man Bronzekessel mit zwei Henkeln geborgen. Sie sind auf der oberen Hälfte prächtig ornamentiert. Zahlreiche von innen herausgetriebene Buckel bilden Linien, Sonnensymbole und Wasservögel.
Verschiedentlich wurden bronzene Hängebecken entdeckt. Zu den schleswig-holsteinischen Fundorten gehören Wacken im Kreis Rendsburg-Eckernförde (drei Exemplare), Kronshagen im Kreis Rendsburg-Eckernförde (drei), ein Moor bei Bad Oldesloe im Kreis Stormarn (zwei), eine Wiese des Ortsteils Eichede von Steinburg im Kreis Stormarn und Hamburg-Volksdorf (je ein Hängebecken). Ebenfalls je ein Hängebecken förderte man in Kluess (Kreis Güstrow) und Roga (Kreis Mecklenburg-Strelitz), beide in Mecklenburg-Vorpommern, zutage.
Die Hängebecken sind wegen ihrer Abnutzungsspuren am Boden, Deckel und an den Ösenschlitzen unterschiedlich gedeutet worden. Man hielt sie für Urnen, Lampen, Gefäße oder Gürteldosen, in denen Amulette und Schmuck aufbewahrt wurden. Noch heute weiß man nicht genau, wozu die Hängebecken dienten.
Für diese umstrittenen Becken wurde sogar eine Trageweise über dem Gewand auf dem Rücken erwogen. Doch der Hamburger Prähistoriker Friedrich Laux wies bei Experimenten nach, daß der Rand und die bei vielen Becken darüber hinausragenden Ösen der Trägerin bald starke Schmerzen bereitet hätten.
Im Verkehrswesen der nordischen jüngeren Bronzezeit spielte die Schiffahrt eine wichtige Rolle. Denn im Verbreitungsgebiet dieser Kultur lagen die Nord- und Ostseeküste sowie zahlreiche Bäche und Flüsse. Die Bedeutung der Schiffahrt spiegelt sich in den Darstellungen von Wasserfahrzeugen auf bronzenen Rasiermessern und Messern wider.
Schiffsmotive verzieren die Rasiermesser von Borgdorf und Lütjenbornholt (Kreis Rendsburg-Eckernförde), Neumünster-Tungendorf (Stadtkreis Neumünster), Gönnebek (Kreis Segeberg) und Albersdorf (Kreis Dithmarschen) in Schleswig-Holstein. Ein Schiffsornament ist auch auf einem Rasiermesser angebracht, das in einem der Grabhügel bei Kratzeburg (Kreis Mecklenburg-Strelitz) in Mecklenburg-Vorpommern lag. Auf der abgebrochenem Klinge des erwähnten Messers bei Beringstedt wird ebenfalls ein Schiff dargestellt.
Knochenreste von Pferden sowie Geschirrteile aus Geweih und Bronze weisen darauf hin, daß Pferde als Reit- und Zugtiere eingesetzt wurden. Skeletteile von Pferden sind – wie erwähnt – von der Befestigung bei Kratzeburg und aus dem Gräberfeld bei Blievenstorf bekannt.
Aus Geweih geschnitzte Knebel fanden sich in Leichenbränden von Bokhorst, Bordesholm, Bornhöved (alle drei Kreis Segeberg), Beringstedt, Emkendorf-Kleinvollstedt (beide Kreis Rendsburg-Eckernförde) in Schleswig-Hol-stein, Groß Gottschow (Kreis Prignitz) in Brandenburg, Groß Upahl (Kreis Güstrow) und Wendelstorf (Kreis Bad Doberan) in Mecklenburg-Vorpommern.
Zwei Paar gleichartiger Stangenknebeltrensen mit zweiteiligen Mundstücken aus Bronze wurden auf einem Acker in Karbow bei Lübz (Kreis Parchim) in Mecklenburg-Vorpommern entdeckt. Zusammen mit diesen jeweils 14 Zentimeter langen Geschirrteilen kamen 14 bronzene Phaleren zum Vorschein.
Bisher einmalig in Mecklenburg-Vorpommern ist der Depotfund von Ückeritz auf der Ostseeinsel Usedom (Kreis Ostvorpommern) in Mecklenburg-Vorpommern. Das Depot umfaßte 110 Bronzeobjekte, die – mit Ausnahme zweier großer Nadeln – Bestandteile eines Pferdegeschirrs sind. Dazu gehören 54 Schmuckscheiben und Fragmente von beschädigten Scheiben, 13 Klapperbleche, 16 gerippte Hülsen aus Bronzeblech, zwei Aufsätze, sieben Trensenstangen, zwei verzierte Knebel, drei Knöpfe, zwei hülsenartige, hohle zylindrische Ringe, sechs Ringe, Teile von vier Geweihknebeln sowie kleine Bruchstücke und Holzfragmente.
Eine bronzene Schmuckscheibe, die zu einem Pferdegeschirr gehörte, wurde auch in Bad Oldesloe (Kreis Stormarn) in Schleswig-Holstein gefunden. Möglicherweise stammt sie ebenfalls aus einem Depot.
Nach den Funden aus Stade in Niedersachsen, aus Kühlungsborn (Kreis Bad Doberan) in Mecklenburg-Vorpommern und aus Kemnitz (Kreis Prignitz) in Brandenburg zu schließen, rollten damals sowohl Wagen mit bronzenen Speichenrädern als auch mit hölzernen Scheibenrädern durch Nord- und Ostdeutschland. Diese Gefährte dürften von Pferden gezogen worden sein.
Die zwei hölzernen Scheibenräder bei Kühlungsborn wurden etwa 120 Meter vor dem Strand in etwa 2,50 Meter Tiefe vom Grund der Ostsee hervorgeholt. Sie haben heute einen Durchmesser von 92,5 und 93 Zentimetern und dürften irgendwann zwischen 1000 und 800 v. Chr. hergestellt worden sein. Die Räder lagen wohl ursprünglich im Verlandungsbereich eines kleinen Baches, der noch heute in die Ostsee mündet. Vielleicht waren sie zum Aufquellen ins Wasser gelegt worden und konnten nicht mehr geborgen werden.
Die Scheibenräder von Kühlungsborn bestehen aus Eschen- und Ahornholz. Man hat sie jeweils aus drei nebeneinander angeordneten Brettern mit Dübeln und Leisten zusammengefügt. Die zwei halbmondförmigen Aussparungen neben dem Buchsloch wurden vielleicht geschaffen, um die Räder mit einer hindurchgesteckten Stange bremsen zu können.
Von einem Bronzerad stammt das Felgenteil aus Kemnitz. Es hat einen U-förmigen Querschnitt, ist sechs Zentimeter breit und 1,5 Zentimeter stark.
Als Wagenraddarstellungen werden von manchen Autoren die Funde aus zwei Siedlungsgruben bei Levitzow (Kreis Güstrow) in Mecklenburg-Vorpommern betrachtet. Dabei handelt es sich jeweils um eine tönerne Scheibe mit einem weiten Mittelloch. Eine hatte ursprünglich einen Durchmesser von 6,9 Zentimetern, einen Achsloch-Durchmesser von 1,6 Zentimetern und ein Gewicht von 114 Gramm. Der Durchmesser der anderen Scheibe beträgt 6,45 Zentimeter, ihr Achsloch-Durchmesser mißt 1,6 Zentimeter, und sie wiegt 55 Gramm.
Weitere Tonräder wurden bei Schöneberg und Friedenfelde (beide im Kreis Uckermark) in Brandenburg entdeckt. Diese Exemplare sind vierspeichig. An letzterem Fundort ka-men Reste von drei Tonrädern mit Rillenverzierung zum Vorschein. Möglicherweise dienten all diese Tonräder als Kinderspielzeug.
Vielleicht hat es damals schon hölzerne »Reisekoffer« gegeben. Als solcher wird ein zweiteiliges Behältnis von mehr als 50 Zentimeter Länge aus einem dünnen Eichenstamm gedeutet, das 1882 in einem Moor bei Koppenow unweit von Labehn im ehemaligen Kreis Lauenburg in Hinterpommern (heute Polen) zum Vorschein kam. Diesen Fund sah 1882 der Berliner Pathologe Rudolf Virchow (1821-1902) bei einer Exkursion im Museum Stettin. Er deutete das Objekt, in dem fragmentierte Ringe, eine Spiralplattenfibel, Knöpfe, Anhänger, ein Lappenbeil, zwei Tüllenbeile, eine Knopfsichel, eine Schwertklinge und Gußbrocken lagen, als »Reisekoffer«. Sein Hohlraum hatte kleine Abteilungen, in eine davon paßte genau die Schwertklinge.
Bei Tauschgeschäften wechselten Tongefäße, Metall, Bronzetassen, Salz, Werkzeuge, Waffen und Schmuckstücke den Besitzer. Dabei gelangten Tongefäße und bronzene Tüllenbeile mit kleinem Öhr aus der mitteldeutschen Lausitzer Kultur, Metall und Salz aus der Alpenregion, Antennen-, Auvernier- und Möriger Schwerter sowie Bronzetassen der Urnenfelder-Kultur, der erwähnte Helm von Sehlstorf aus dem Donauland und die Bronzeurne von Seddin aus Südeuropa in das Verbreitungsgebiet der nordischen jüngeren Bronzezeit. Viele Importwaren wurden vermutlich mit dem begehrten Bernstein von der Nordsee- und Ostseeküste »bezahlt«.
Geschmückt hat man sich mit bronzenen Zierbändern, Halsketten, gedrehten (tordierten) Halsringen, Halskragen, Armringen, massiven Armmanschetten, an denen klappernder Schmuck hing, sowie mit Armspiralen, Fußringen und goldenen »Eidringen«. Perlen aus Bernstein und Bronze zierten Halsketten.
Zierbänder (»Diademe«) wurden in Lübtheen (Kreis Ludwigslust) und in Roga (Kreis Mecklenburg-Strelitz) in Mecklenburg-Vorpommern gefunden. Auf dem Zierband aus dem Depot von Roga sind Darstellungen von stilisierten Pferden, Sonnen und Menschen zu sehen. Dabei handelt es sich wohl um die Wiedergabe von Zeremonien des Sonnenkultes.
Die Halskette aus dem »Königsgrab« von Seddin (Kreis Prignitz) im nördlichen Brandenburg war mit bronzenen Spiralröllchen und Perlen als Anhängern versehen. Auch ein bronzener Halsring kam in Seddin zum Vorschein. Die in sich gedrehten Halsringe aus jenem Abschnitt lassen sich kaum von denen aus der vorhergehenden Zeit unterscheiden. Halskragen aus Bronzeblech wurden häufig mit längslaufenden Rippen verziert.
An den Armen trug man bronzene Ringe, massive Armmanschetten oder solche aus Bronzeblech, Spiralen und goldene »Eidringe«. Viele Armringe ähnelten stark den Formen aus älteren Abschnitten. Teilweise sind sie mit querstehenden Rippen gemustert. Der Draht der Armspiralen hat einen dach- oder bandförmigen Querschnitt.
Als typische Schmuckstücke der nordischen jüngeren Bronzezeit gelten die goldenen »Eidringe« mit freien oder fast lückenlosen Enden. Der unpassende Begriff »Eidring« wurde 1837 von dem dänischen Prähistoriker Christian Jürgensen Thomsen (1788-1865) aus Kopenhagen in seinem »Leitfaden zur nordischen Altertumskunde« geprägt. Damals hielten Altertumsforscher diese Armringe für heilige Requisiten, die von Wikingern beim Ablegen des Eides getragen wurden. Solche Pretiosen waren vielleicht bedeutenden Männern vorbehalten.
Goldene »Eidringe« liegen vor aus Wolfenhagen bei Wismar, Bresegard bei Eldena (Kreis Ludwigslust), Granzin bei Lübz, Jülchendorf bei Sternberg, Plau, Woosten bei Goldberg (Kreis Parchim) und Malchin (Kreis Demmin) in Mecklenburg-Vorpommern. Weitere Funde derartiger Schmuckstücke glückten in Bebensee, Großenaspe, Wittenborn (alle drei Kreis Segeberg), Meldorf, Dithmarschen (beide Kreis Dithmarschen), Neumünster und Rendsburg in Schleswig-Holstein.
Die Kunst der nordischen jüngeren Bronzezeit wurde durch Symbole der süddeutschen Urnenfelder-Kultur inspiriert. Aufgrund der Verbindung von Althergebrachtem und Neuem wirkt der jungbronzezeitliche Stil lebendiger und vielseitiger. In Rasiermesser, Messer, Hängebecken oder Pinzetten wurden Sonnensymbole (Sonnenrad, aufgerollte Spiralen), Dreiwirbel, Schlangen oder Schiffe eingraviert. Rasiermesser enden mit stilisierten Vogelköpfen oder aufgerollten Spiralen.
Viel Mühe wandte ein Künstler bei der Gestaltung einer 3,2 Zentimeter langen figürlichen Plastik aus Stein an, die in Schwedt/Oder (Kreis Uckermark) in Brandenburg zum Vorschein kam. Das kleine Kunstwerk hat einen fast kugelförmigen menschlichen Körper und einen ebensolchen Kopf. Augen, Nase und Mund sind eingeritzt. Der Rückenteil war einst rot bemalt, bei der Vorderpartie wurde auf Farbe verzichtet. Geteilt werden Rücken- und Vorderteil durch eine zwei Millimeter breite Linie seitlich des Körpers.
Die eingeritzten Vertiefungen der Augen wurden mit schwarzer Farbe gefüllt. Dagegen ist die Vertiefung, welche die Nase markiert, mit leuchtendroter Farbe ausgelegt. Vermutlich war auch der Mund rot bemalt. Zwei parallele schwarze Linien sollen wohl den Oberlippenbart darstellen. Acht schwache, bis zu fünf Millimeter lange und einst schwarz bemalte Einkerbungen symbolisierten möglicherweise den Kinnbarts oder Halsringe.
Ein tönernes Kunstwerk aus jener Zeit wurde in Putbus auf der Ostseeinsel Rügen entdeckt. Dabei handelt es sich um ein menschliches Köpfchen von 2,4 Zentimeter Höhe und 2,1 Zentimeter Breite. Die Ohren hat man durch einen Kniff mit Fingernägeln wiedergegeben, die Augen eingestochen, den Mund durch einen Einschnitt markiert und die Nase modelliert. Die Frage, ob das Tonköpfchen zu einem Gefäß oder zu einer Plastik gehört, muß unbeantwortet bleiben.
In Vietgest (Kreis Güstrow) in Mecklenburg-Vorpommern kamen bronzene Aufsätze mit einer Vogelfigur zum Vorschein. Sie dienten als Knöpfe und Schmuckstücke eines Gewandes.
Aus Klein Zastrow (Kreis Ostvorpommern) in Mecklenburg-Vorpommern kennt man die 13,5 Zentimeter hohe Bronzefigur einer nackten Frau, die einen Gürtel und einen Halsring trägt. Im Gegensatz dazu ist die erwähnte Frauengestalt auf dem Messergriff von Beringstedt mit einem kurzen Rock bekleidet.
Schiffs-, Rad- und Sonnensymbole wie auf skandinavischen Felsbildern sind auf Bronzebeschlägen eines Blashorns zu sehen, das aus einem Torfmoor der Gegend von Wismar in Mecklenburg-Vorpommern stammt. Der archäologische Wert dieses Fundes wurde erst erkannt, als er 1836 in den Altmetallbestand einer Glockengießerwerkstatt gelangte, wo ihn aufmerksame Bürger vor dem Einschmelzen retteten.
Die Bronzebeschlagteile bildeten das Mundstück und den Schalltrichter eines Musikinstrumentes, dessen Mittelteil aus einem Rinderhorn bestand, von dem geringe Reste erhalten blieben. Das breite Mundstück ist in sieben waagrechte Zonen mit verschiedener Punkt- und Stichornamentik eingeteilt. Auch Schiffs-, Rad- und Sonnensymbole wurden eingraviert. Zwei der Zonen hat man mit einer laufenden Spirale ausgefüllt, die in das Bronzeblech eingepunzt wurde.
Weitere bronzene Beschläge von Blashörnern wurden in Bo-chin43 (Kreis Ludwigslust) und in Teterow (Kreis Güstrow) in Mecklenburg-Vorpommern entdeckt. Das Alter des 30,5 Zentimeter langen Blashorns von Teterow ist umstritten. Dieses in einem Moor aufgefundene Blasinstrument ist durch acht Doppelrippen gegliedert. Das siebte Rippenpaar – vom Mundstück an gezählt – weist Verzierungen durch ein Fischgrätenmuster und seitlich durch eingepunzte Dreiecke auf.
Als typische Musikinstrumente der nordischen Bronzezeit gelten gänzlich aus Bronzeblech hergestellte Blashörner, die von den Prähistorikern als Luren bezeichnet werden. Im Gebiet des Nordischen Kreises konnten bisher mehr als 50 solcher Blasinstrumente geborgen werden. Luren sind auch auf Steinplatten von Gräbern (Kivik in Schweden) oder auf Felsbildern dargestellt.
Die 1835 entdeckte Lure aus Daberkow bei Demmin (Kreis Demmin) in Vorpommern ist 1,46 Meter lang. Dagegegen handelt es sich bei dem Fund aus Daberkow von 1911 nur um zwei zusammenpassende Bruchstücke vom unteren Ende einer Lure mit dem Mundstück, die zusammen eine Länge von 13 Zentimetern erreichen, und um ein drei Zentimeter langes Fragment von der Wandung des Rohres.
In Lübzin (Kreis Güstrow) kamen 1935 zwei Luren zum Vorschein. Davon gelangte eine fast vollständig erhaltene Lure von 1,67 Meter Länge, bei der nur das Mundstück fehlt, ins Schweriner Museum, während das zweite Instrument verschollen ist. Von Hof zum Felde (Kreis Nordwestmecklenburg) stammt das Fragment einer weiteren Lure.
Bei bestimmten Anlässen ließ man an einer langen Schnur hängende Schwirrhölzer durch die Luft kreisen und erzeugte so ein summendes Geräusch. Solche Musikinstrumente wurden schon in der Altsteinzeit von Neandertalern in England und Ungarn benutzt, welche die Töne des Schwirrgerätes vielleicht für die Stimme eines Gottes hielten. In Gadebusch (Kreis Nordwestmecklenburg) kam ein verziertes »Schwirrholz« aus Knochen zum Vorschein.
Das erwähnte bronzene »Diadem« von Roga (Kreis Mecklenburg-Strelitz) in Mecklenburg-Vorpommern beweist, daß damals nicht nur musiziert, sondern auch getanzt wurde. Denn auf dem zusammen mit anderen Schmuckstücken aus dem Schlamm eines Teiches geborgenen »Diadem« sind Gruppen symbolischer Figuren sowie stilisierte tanzende Menschen zu erkennen.
In der nordischen jüngeren Bronzezeit wurden die Toten auf Scheiterhaufen verbrannt und die übriggebliebenen Knochenreste (Leichenbrand) meistens in tönerne Urnen geschüttet. Danach hat man die Urnen in älteren Hügeln der Bronzezeit und Jungsteinzeit, unter neu errichteten flachen Hügeln oder in großen Urnenfeldern mit bis zu 200 Gräbern bestattet. Die Friedhöfe lagen in Sichtweite der Siedlungen und wurden häufig mehrere Perioden lang benutzt.
Meistens hat man die Gräber in Gruppen angeordnet. Aber es gab Ausnahmen von dieser Regel. So waren die Gräber bei Bresch (Kreis Prignitz) in Brandenburg im Abstand von einem bis zu 1,50 Metern in Reihen angelegt.
Die Urnen mit dem Leichenbrand wurden häufig mit Keramik verschlossen. Hierzu benutzte man Schalen, Gefäßunterteile, große Gefäßscherben und flache Steine. Gelegentlich standen Beigefäße in der Urne oder neben dieser. Über der Urne oder in deren Nähe lagen oft zerschlagene Gefäße.
Als Seltenheiten in Norddeutschland gelten Glockengräber, bei denen die Urne und die Deckschale von einem großen Vorratsgefäß überdeckt wurden. Ein derartiges Glockengrab kennt man bei Wustrow (Kreis Ludwigslust) in Mecklenburg-Vorpommern. Im Mittelelbegebiet waren Glockengräber häufiger.
Teilweise wurden die Urnen mit dem Leichenbrand durch Steine geschützt. Bei kistenförmigen Steinsetzungen umgaben hochkant stehende flache Platten die Urne. Zu kesselförmigen Steinsetzungen gehörten umstehende flache Platten sowie ein Boden- und ein Deckstein. Darüber wurden manchmal mehrere Lagen rundlicher oder flacher Steine aufgeschichtet. In anderen Fällen sicherten Steinpackungen mit einem Mantel aus faust- bis kopfgroßen Steinen die Urne, die oft auf einem größeren Stein stand und mit einer flachen Platte bedeckt wurde. Außerdem gab es Gräber nur mit Boden- oder Deckstein.
Die tönernen Urnen wurden hin und wieder mit kleinen »Seelenlöchern« versehen. Solche Behältnisse kamen in
Mecklenburg-Vorpommern in vier Gräbern bei Blievenstorf (Kreis Ludwigslust) sowie in Repzin (Kreis Parchim) zum Vorschein. Das »Seelenloch« sollte vielleicht ermöglichen, daß die Seele des in der Urne bestatteten Toten ein und aus gehen konnte.
Mitunter wurde der Leichenbrand nicht in eine Urne, sondern in einen Beutel aus Stoff oder Leder geschüttet. In anderen Fällen hat man die übriggebliebenen Knochen und die Asche auf eine länglich-ovale Steinsetzung gestreut. Diese Bestattungsart kam in Hügeln und Flachgräbern vor. Auch Beisetzungen ohne jeden Steinschutz konnten freigelegt werden.
Bei Ausgrabungen in Glasow-Streithof (Kreis Uecker-Randow), direkt am Steilhang der Randow, entdeckte der Berliner Archäologe Christoph Sommerfeld im Sommer 1995 die Reste des ersten Totenhauses von Mecklenburg-Vorpommern.
Ein aus über 1200 Steinen sorgfältig gesetztes, zweilagiges Pflaster von 3,60 Meter Länge und 2,40 Meter Breite, in das sechs randliche Pfostengruben mit Steinverkleidung eingebaut waren, bildete den Grundriß. Die Pfosten ruhten ehemals auf mächtigen Steinplatten.
Das Totenhaus war von Osten nach Westen ausgerichtet. Sein Eingangsbereich lag im Osten. In der Mitte des Totenhauses befand sich ein großer, abgeflachter Zentralstein. Westlich davon wurde eine in das Pflaster integrierte Steinkiste gefunden, die Knochenbrandmaterial enthielt. Östlich des Zentralsteins hatte man in eine andere Steinkiste ein vollständig erhaltenes, leeres Zy-linderhalsgefäß gestellt.
Nach Ansicht von Christoph Sommerfeld lassen die Zeitstellung und das kulturhistorische Umfeld darauf schließen, daß das Totenhaus in Glasow-Streithof als Vorgänger-Bauwerk der zeitlich anschließenden »Pommerschen Hausurnen« anzusehen ist. Der Befund dürfte für die Diskussion um die Entstehung und Konstruktionsprizipien des pommerschen Hausurnen-Phänomens von Interesse sein.
Aus Schollene-Neuschollene (Kreis Stendal) in Sachsen-Anhalt liegt eine Schädelbestattung vor. Sie wurde mit Hirschgeweihen abgedeckt, was wichtigen Persönlichkeiten vorbehalten gewesen sein dürfte.
In den Urnen mit dem Leichenbrand hatten nur wenige Beigaben Platz. Meistens handelt es sich um ein bis zwei Gegenstände wie bronzene Nadeln, Messer, Knöpfe, Ringe, Pinzetten oder Rasiermesser. Dagegen enthalten die auffallend zahlreichen Depotfunde aus dieser Zeit all jene Objekte, die in den Urnen fehlen: Schwerter, Beilklingen, Lanzenspitzen, Hängegefäße, Ringe, Fibeln und sogar Teile des Pferdegeschirrs. Möglicherweise war eine Reihe von Depots als ergänzende Ausstattung für das Jenseits gedacht, welche die Hinterbliebenen unter großen Steinen oder in Mooren angelegt hatten.
Im Gegensatz zur süddeutschen Urnenfelder-Kultur wurden im Verbreitungsgebiet der nordischen jüngeren Bronzezeit kaum tönerne Beigefäße zu den Urnen mit dem Leichenbrand gestellt. Die in den Urnen vorgefundenen Bronzegegenstände hat man nicht zusammen mit dem Toten auf dem Scheiterhaufen verbrannt, sondern erst nachträglich dazugelegt.
Für fern der Heimat gestorbene Menschen wurden vermutlich in seltenen Fällen sogenannte Scheingräber (Kenotaph genannt) errichtet. Hinweise auf diesen Brauch fand man unter anderem bei Albersdorf (Kreis Dithmarschen) und Schwarzenbek (Kreis Herzogtum Lauenburg) in Schleswig-Holstein. Bei Albersdorf enthielten manche Hügel nicht die geringste Spur einer Bestattung. Ähnlich war es bei einer kesselförmigen Steinsetzung in Schwarzenbek.
Zu den größten jungbronzezeitlichen Urnenfeldern in Schleswig-Holstein gehörten die Friedhöfe von Panten-Mannhagen (etwa 200 Urnengräber), Börnsen (mehr als 100 Gräber und weitere Grabhügel mit Urnen), Geesthacht-Hasenthal (etwa 100 Urnengräber), Schwarzenbek (etwa 60 Gräber) im Kreis Herzogtum Lauenburg sowie Neumünster-Tungendorf (etwa 70 Gräber) und Neumünster-Falderaschule (etwa 40 Urnengräber und weitere Gräber mit Leichenbrandschüttungen).
Als größter Urnenfriedhof jener Zeit in Mecklenburg-Vor-pommern gilt das Gräberfeld auf der Anhöhe »Dehms« bei Blievenstorf im Kreis Ludwigslust. Dort erfolgten nach Schätzungen des Schweriner Prähistorikers Horst Keiling insgesamt etwa 400 Bestattungen. Ausgegraben sind 169 Bestattungen aus der nordischen jüngeren Bronzezeit. In Blievenstorf wurden Urnengräber, Scherbenstellen, längliche oder ovale Steinsetzungen (»Steindämme«) und Gruben freigelegt.
Einen weiteren Urnenfriedhof vom Typ Blievenstorf entdeckte man bei der Errichtung eines Schweinestalles in Leezen (Kreis Parchim) in Mecklenburg-Vorpommern. Als die Arbeiter bei Planierungsarbeiten auf ein Steinpflaster stießen, hielten sie es zunächst für eine alte Straße, benachrichtigten jedoch nach Keramikfunden das Museum Schwerin. Der Friedhof Leezen umfaßte mehr als 50 Gräber und Branderdegruben. Auch dort wurden Steinsetzungen (»Steindämme«) festgestellt.
Kleinere Gräberfelder kennt man bei Dammwolde, Waren (beide Kreis Müritz), Göhlen, Muchow, Malk-Göhren (alle drei Kreis Ludwigslust), Lüdershagen (Kreis Güstrow) in Mecklenburg-Vorpommern sowie vom Voßberg bei Groß Gottschow (Kreis Prignitz) in Brandenburg.
Zum Friedhof bei Dammwolde gehörten vier Feuerstellen und eine kegelförmige Steinsetzung. In Waren wurden Steinsetzungen mit Leichenbrandschüttungen und Urnenbestattungen unter Steinschutz ausgegraben. Bei Groß Gottschow hatte man während der Totenfeiern die tönernen Beigefäße zerschlagen.
In Hagenow-Granzin (Kreis Ludwigslust) war einer der größten Friedhöfe Mecklenburg-Vorpommerns mit Grabhügeln angelegt worden. Zwei davon wurden durch den Schweriner Prähistoriker Horst Keiling untersucht, weitere durch seinen Schweriner Kollegen Günter Rennebach. Erstere enthielten Steinkränze. In einem der beiden Hügel umgab ein Steinkranz von fünf Meter Durchmesser ein Urnengrab mit langovaler Steinsetzung. Der Hügel wurde für eine spätere Bestattung erweitert und dabei an der Außenseite des Steinkranzes eine Steinkiste errichtet. Außerdem zog man mit dem Steinkranz und der langovalen Steinsetzung entnommenen Steinen einen neuen Steinkreis um den alten Hügel.
Solche Steinkreise hatten nach Ansicht von Horst Keiling keine kultische Bedeutung, weil man bei weiteren Bestattungen keine große Ehrfurcht vor ihnen zeigte. Damit widersprach er der 1928 geäußerten Auffassung des Berliner Prähistorikers Albert Kiekebusch (1870-1935), der die Steine der Grabkammer im sogenannten »Königsgrab« von Seddin als Bannkreis gedeutet hatte.
Im »Königsgrab« von Seddin (Kreis Prignitz) in Brandenburg soll der Sage nach ein König namens Hinz in einem dreifachen Sarg aus Kupfer, Silber und Gold bestattet worden sein. Ein König ist dort sicherlich nicht zur letzten Ruhe gebettet worden, und auch vom dreifachen Sarg fand man keine Spur, aber in Seddin wurde höchstwahrscheinlich ein Häuptling begraben. Daß es sich um einen bedeutenden und mächtigen Mann handelte, belegen der außergewöhnliche Grabhügel, die besonders wertvollen Beigaben des Toten, der Aufbau der Grabkammer und die Ausstattung des Grabes.
Für den elf Meter hohen Grabhügel mit einem Durchmesser von 90 Metern waren schätzungsweise 3000 Kubikmeter Erdreich und Steine als Baumaterial erforderlich. Die Grablege des Würdenträgers wurde 1899 von Sandgrubenarbeitern entdeckt, als sie auf eine aus Findlingsblöcken bestehende neuneckige Grabkammer mit »falschem Gewölbe« von 1,75 Meter Höhe stießen. Von einem »falschen Gewölbe« ist die Rede, wenn Steine so aufgeschichtet sind, daß eine Art Gewölbe entsteht.
Angeblich waren die mit Ton verkleideten Wände der Grabkammer rot und weiß bemalt und mit einem umlaufenden Muster verziert. Darin stand ein fast 50 Zentimeter hohes Tongefäß, dessen Deckel mit Tonnägeln befestigt war. Es barg eine amphorenartige bronzene Urne mit einem Deckel aus Bronze, das die Knochenreste eines nach dem Tode verbrannten 30 bis 40 Jahre alten Mannes enthielt. Der dreifache »Sarg« des Königs Hinz bestand also in Wirklichkeit aus Stein (Grabkammer), Ton (Tongefäß) und Bronze (Urne).
Neben den sterblichen Überresten des Häuptlings standen zwei tönerne Urnen mit jeweils dem Leichenbrand einer 20 bis 30 Jahre alten Frau und einer weiblichen Jugendlichen. Vielleicht hatten diese beiden Menschen ihrem Herrn und Gebieter in den Tod folgen müssen. Womöglich handelte es sich um die Witwen des Verstorbenen.
Zur Grabausstattung im »Königsgrab« gehörten weitere Tongefäße, zwei Bronzeschalen, ein bronzenes Miniaturschwert, ein kleines Tüllenbeil, ein Messer, ein Rasiermesser, ein bronzener Kamm, eine Pinzette, Hals-, Arm- und Fingerschmuck. Große Kostbarkeiten dürften zwei eiserne Nadeln gewesen sein, die zu den ältesten Eisenfunden in Mecklenburg-Vorpommern gerechnet werden.
Die Menschen der nordischen jüngeren Bronzezeit huldigten vermutlich einem Fruchtbarkeits- und Sonnenkult. Darauf deuten Darstellungen nackter Frauen, Sonnensymbole, Schalensteine, Opfergaben (Speiseopfer, Bronzeobjekte, Luren, Goldgefäße, Zöpfe, Skalpe), Opferplätze und Teile von Prozessionswagen sowie skandinavische Felsbilder hin. Man kann nur darüber spekulieren, welche Götter man anbetete und ob diese männlich oder weiblich waren.
Nackte Frauenfiguren kennt man aus Vorpommern und Dänemark. Dazu zählt neben dem erwähnten Fund von Klein Zastrow eine Bronzeplastik aus Fårdal bei Viborg. Sie ist lediglich mit einem Halsring und großen Ohrringen angetan. Ihre Hände liegen auf der Brust. Dagegen sind die Frauenfiguren von Beringstedt in Schleswig-Holstein, von Grevensvænge und von Fangel auf Fünen (Dänemark) mit einem Schnurrock bekleidet. Der Fund von Grevenshænge bestand aus sieben Bronzefiguren. Zwei davon zeigen Männer mit Helm und großer Prozessionsaxt in der ausgestreckten Hand, fünf sind Frauen.
Die in Rasiermesser und Messer eingravierten Schiffe, Pferde und Wagen gelten als Beförderungsmittel der göttlichen Sonnenscheibe. Einem alten indogermanischen Glauben zufolge bewegte sich die Sonne am Tag auf einem von einem Pferd gezogenen Wagen und bei Nacht auf einem Schiff vorwärts.
Als Objekte des Sonnenkultes werden von manchen Autoren auch die mit kleinen napfartigen Vertiefungen (Schalen) bedeckten Schalensteine in Norddeutschland betrachtet. Mitunter sind die Schalen durch Rillen miteinander verbunden. Die Schalen hat man unterschiedlich als Fruchtbarkeits- und Sonnenzeichen, aber auch als Symbole eines Feuerkultes gedeutet. Darstellungen von Händen und Füßen auf großen Schalensteinen versinnbildlichen möglicherweise – wie in manchen indogermanischen Religionen – die Gegenwart einer unsichtbaren Gottheit.
Die in Niederungen, Mooren und Gewässern entdeckten Depots mit Waffen und Schmuckstücken werden teilweise für Opfer- und Weihegaben gehalten, mit denen man erhoffte, Naturgewalten zu bändigen oder Götter gnädig zu stimmen. Bei den Ringopfern handelte es sich häufig um zwei Exemplare. Die meisten Depots sollen jedoch sogenannte Totenschätze gewesen sein, also Selbstausstattungen für das Jenseits, die in den Urnen keinen Platz hatten.
Als Opfer für die Götter könnten außerdem bronzene Blasinstrumente (Luren) und goldene Gefäße gedient haben. Allein in Dänemark kamen etwa 30 komplett oder fragmentarisch erhaltene Luren zum Vorschein. Die Goldgefäße sind in einer Treibtechnik hergestellt worden, die im Gebiet des Nordischen Kreises der Bronzezeit unüblich war. Man hat sie vermutlich aus Süd- oder Südwesteuropa importiert.
Die meisten Goldgefäße an einem Ort wurden in Mariesminde Mose auf Fünen (Dänemark) entdeckt. Dort hatte man elf bereits in der älteren Bronzezeit angefertigte Goldgefäße in der jüngeren Bronzezeit mit einem Pferdekopfgriff versehen, in eine große Bronzevase norditalienischer Herkunft gestellt und dann geopfert. Weitere Goldgefäße fand man in Norddeutschland.
Auf den umfangreichsten bronzezeitlichen Goldschatz in Deutschland stieß man am 16. Mai 1913 bei Ausschachtungsarbeiten im ehemaligen Kupfer- und Messingwerk bei Eberswalde-Finow (Kreis Barnim) in Brandenburg. Er lag in einem 22,5 Zentimeter hohen und 23 Zentimeter weiten Tongefäß, das mit einem flachen Deckel verschlossen war. Das Depot von Eberswalde-Finow umfaßte 81 Goldgegenstände mit einem Gesamtgewicht von 2 540 Gramm.
Zum Goldschatz von Eberswalde-Finow gehörten neben acht papierdünnen Goldschalen mit reicher Verzierung auch Bruchstücke von goldenen Arm- und Halsringen, 33 Goldspiralen aus Doppeldraht, 22 Bündel von Doppeldraht, sechs Bündel Goldblech, etliche Rohgoldbarren und ein goldener Gußkuchen. Letzterer besteht zu ungefähr
80 Prozent aus Gold und etwa zu 18 Prozent aus Silber. Ein solche Zusammensetzung ist charakteristisch für Gold aus Siebenbürgen, dem stets in erhöhtem Maße Silber beigemengt worden war.
Die acht Goldschalen aus Eberswalde-Finow sind 5,5 bis 7,5 Zentimeter hoch und 7,5 bis zwölf Zentimeter breit. Diesen Fund hat der erwähnte Berliner Archäologe Carl von Schuchhardt als den Besitz eines bedeutenden Germanen vom Stamm der Semnonen fehlgedeutet.
Der Goldschatz von Eberswalde-Finow und das Goldgefäß aus dem Lienewitzer Forst bei Caputh (Kreis Potsdam-Mit-telmark) wurden 1945 ebenso wie der sogenannte Schatz des Priamos aus der »Sammlung trojanischer Altertümer« von Heinrich Schliemann (1822-1890) und andere Kostbarkeiten nach Moskau verschleppt.
Das 10,4 Zentimeter hohe Goldgefäß bei Caputh kam zusammen mit zwei offenen goldenen Armbändern mit jeweils spiralig aufgerollten Enden und zwei Goldspiraldrähten zum Vorschein. Die Zierzone dieses Goldgefäßes ist mit einer Prozession stilisierter Vögel versehen, die als ein typisches Symbolgut der süddeutschen Urnenfelder-Kultur gelten.
Eines der Goldgefäße von Albersdorf (Kreis Dithmarschen) mit Kegelhals und spitzkonischem Unterteil erreicht eine Höhe von 9,8 Zentimetern, einen Durchmesser von 7,5 Zentimetern und wiegt 80 Gramm. Die Albersdorfer Goldschale ist sechs Zentimeter hoch, ihr Durchmesser beträgt 9,5 Zentimeter und ihr Gewicht 26 Gramm. In Depenau (Kreis Plön) fand man am Südrand eines Hochmoores zwei ineinandergestellte Goldschalen und einen rundstabigen goldenen Armring.
Die beiden Goldgefäße von Langendorf bei Stralsund in Vorpommern hatten jahrelang auf einem Fensterbrett als Blumenbehälter gedient, weil der Entdecker sie für Messingfunde hielt. Als sie nicht schwarz wurden, wie es bei Messing üblich ist, gab der Mann sie seiner Tochter in die Schule mit, um sie dem Lehrer zu zeigen. Dieser vermutete, daß es sich um Gold handeln könne, und riet dazu, sich über die Funde in Stralsund zu informieren.
Die Frau des Entdeckers ließ die Gefäße von einem Goldschmied in Stralsund überprüfen, der bestätigte, daß die Schalen aus Gold angefertigt worden seien, und die Frau an das Museum Stralsund verwies. Als diese die Goldschalen im Museum dem Prähistoriker Rudolf Baier (1818-1907) zur Begutachtung zeigte und zum Kauf anbot, erwarb jener die Funde für das Provinzialmuseum für Neuvorpommern und Rügen.
Von manchen Prähistorikern werden bronzene Hängebecken als Behältnisse für zauberkräftige Amulette und Heilszeichen gedeutet. Diese mit Wellenornamenten verzierten Bronzegefäße gehören zu den hervorragenden Bronzeerzeugnissen des Nordens.
Mit Speisen und Getränken gefüllte Tongefäße in Siedlungen zeugen vielleicht von Opfergaben für Fruchtbarkeitsgötter. Der Brauch, in ausgewählten Tongefäßen Speiseopfer darzubringen, soll aus dem Karpatengebiet über die Wasserwege in den Norden gelangt sein.
Reste von Speiseopfern hat man in der Siedlung von
Osterburg-Zedau (Kreis Stendal) in Sachsen-Anhalt entdeckt. Unweit eines Hauses, in dem vermutlich ein Priester wohnte, befand sich eine Grube mit Weihegaben. Ein großes Vorratsgefäß und ein darin enthaltenes kleineres Gefäß waren einst mit einem Getränk gefüllt. Unter dem Vorratsgefäß lagen Reste eines jungen Rindes, eines ein bis zwei Jahre alten Hundes von Schäferhundgröße und einer vier bis fünf Jahre alten Ziege. Auch der Inhalt von vier Kannen und einer zweihenkeligen Terrine, die zu einem Gefäßdepot aus Osterburg-Zedau gehörten, bestand aus Speisen.
In Osterburg-Zedau wurde etwa 200 Jahre nach Aufgabe der erwähnten Siedlung ein Kultplatz für Opferfeuer angelegt. Dort zogen sich am Rand einer Talsandinsel auf etwa 310 Meter Länge in regelmäßigen Abständen etwa 190 Feuerstellen hin.
Möglicherweise hatten auch Depots mit Tongefäßen eine kultisch-rituelle Bedeutung. Umfangreiche Gefäßdepots wurden bei Muchow im mecklenburg-vorpommerschen Kreis Ludwigslust (ein Depot mit neun und ein weiteres mit elf Gefäßen) sowie in Gramzow68 im brandenburgischen Kreis Uckermark (ein Depot mit 36 Gefäßen) zutage gefördert.
Frauen weihten vielleicht einer Göttin ihre Haarzöpfe in Mooren. Solche Fruchtbarkeitsopfer sollen in Sterbygard Mose bei Dostrup auf Jütland dargebracht worden sein, wo man sieben Zöpfe barg.
Wenn die Schilderung des Moorarchäologen Alfred Dieck (1906-1989) aus Hannover von 1978 zutrifft, wären damals in Norddeutschland Menschen skalpiert und ihre Kopfhäute mit Haaren den Göttern geopfert worden. Im Olderuper Moor (Kreis Husum) in Schleswig-Holstein soll 1918 ein Schädel aufgefunden worden sein, der Einritzungen in die Knochenhaut aufwies. Neben dem Schädel soll sich eine Urne aus der Übergangszeit von der Bronzezeit zur Eisenzeit befunden haben. Nachprüfen läßt sich dies nicht, weil dieser Fund verschollen ist.
Möglicherweise gehörten zum Sonnenkult auch Feuerheiligtümer mit aneinandergereihten Feuerstellen wie am erwähnten Fundort Osterburg-Zedau, in Badow (Kreis Nordwestmecklenburg), Bütow (Kreis Müritz) und Zibühl (Kreis Güstrow) in Mecklenburg-Vorpommern. Südlich von Bütow konnten 87 runde oder ovale Gruben mit einem Durchmesser von 98 Zentimetern bis 1,24 Metern und einer Tiefe von 26 Zentimetern freigelegt werden. Ihre Füllung bestand aus tiefschwarzem Boden mit Holzkohleanreicheungen und zerglühten Steinen.
Womöglich sah man in solch runden Brandplätzen ein Symbol der Sonne. Der Berliner Prähistoriker Fritz Horst (1936-1990) spekulierte darüber, ob derartige Feuerheiligtümer das Gegenstück zu den Brandopferplätzen der Urnenfelder-Kultur darstellten.
Eine Rolle im Sonnenkult könnte eventuell das erwähnte Pferdegeschirr von Ückeritz in Mecklenburg-Vorpommern gespielt haben. Es war vielleicht für zwei Pferde bestimmt, die möglicherweise einen Prozessionswagen zogen. Die Schmuckscheiben und Klapperbleche dieses Geschirrs erregten durch Geläute und Geklingel großes Aufsehen bei kultischen Handlungen. Bei solchen Prozessionen dürften auch bronzene Luren geblasen worden sein.
Wie wenig man bisher über den Kult in Norddeutschland weiß, lassen die jungbronzezeitlichen Felsbilder in Schweden und Norwegen ahnen. Auf ihnen sind geheimnisvolle Kulthandlungen mit Kriegern, Tänzern, Lurenbläsern, Pflügern, Trägern heiliger Zeichen, Tieren, Schiffen, Rennwagen und Sonnen dargestellt.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen