Donnerstag, 10. Januar 2008

Die Stader Gruppe in der jüngeren Bronzezeit (etwa 1100-800 v. Chr.)

Der »heilige Wagen« aus Stade

Bronzezeitbuch

Rohfassung eines Textes für das Buch "Deutschland in der Bronzezeit" (1996) von Ernst Probst in alter deutscher Rechtschreibung

An der unteren Weser, auf der Verdener, Bremerhavener und Stader Geest, existierte in der jüngeren Bronzezeit von etwa 1100 bis 800 v. Chr. weiterhin die Stader Gruppe. Ihr Verbreitungsgebiet umfaßte damals – nach Erkenntnissen des Hamburger Prähistorikers Friedrich Laux – die heutigen Kreise Cuxhaven, Stade, Bremervörde, Osterholz, Rotenburg/Wümme und Verden. Nach Westen hin vorgelagert war der westlich der Weser gelegene Kreis Wesermarsch.
Landschaftlich ist dieser Bereich stark gegliedert. Moore und Flußniederungen, aus denen immer wieder mehr oder weniger ausgedehnte Geesthorste aufragen, bestimmen das geographische Bild. Damit verbunden sind lokale Unterschiede innerhalb der Stader Gruppe, die sich teilweise in geringfügig voneinander abweichenden Grab-, Bestattungs- und Beigabensitten äußern beziehungsweise die hinter der engräumigen Verbreitung einzelner Topf- und Geräteformen angenommen werden können.
Diesen Gegebenheiten widmete sich inbesondere der Prähistoriker Arne Lucke in seiner Hamburger Dissertation von 1981. Für den Bereich der von Friedrich Laux herausgestellten Stader Gruppe der jüngeren Bronzezeit, die von einem anderen Prähistoriker auch Unterweser-Gruppe genannt wird, unterscheidet Lucke drei Lokalgruppen: die Wesermünder Gruppe im Westen, die Verdener Gruppe im Süden und die Stader Gruppe im Osten. Letztere bleibt in dieser Definition fast ausschließlich auf den heutigen Kreis Stade beschränkt.
Eine Siedlung aus jener Zeit konnte in der Nähe der Hahnenknooper Mühle bei Rodenkirchen unweit von Stadland (Kreis Wesermarsch) freigelegt werden. Auf dem 100 mal 60 Meter großen Siedlungsgelände wurden Reste von drei Häusern in Pfostenbauweise entdeckt. Die Bauten standen einst auf dem Uferwall eines ehemaligen Wasserlaufes. Eines der Häuser war 15 Meter lang und hatte möglicherweise einen Stallteil. Als Bodenbelag in diesem Gebäude dienten aus Binsenbündeln kreuzweise gelegte, bis zu drei Zentimeter dicke Matten. Darin wurden Fruchtstände der Schwertlilie (Iris) konserviert.
Zur Kleidung gehörte unter anderem ein bronzener Gürtelhaken. Im Holtumer Moor bei Kirchlinteln (Kreis Verden) stieß man beim Torfstechen in etwa einem Meter Tiefe auf einen kleinen, aus Geweih geschnitzten Kamm. Er kam zusammen mit Werkzeugen, Schmuckstücken und einem Kranz aus Menschenhaar zum Vorschein. Der Menschenhaarkranz ist bei der Bergung zerfallen. Der Kamm wird im Schwedenspeicher-Museum, Stade, aufbewahrt.
Als typische Nadeln der jungbronzezeitlichen Stader Gruppe gelten Warzenkopfnadeln mit geradem Schaft und gebogenem Hals, Exemplare mit doppelkonischem Kopf und sämtliche Ausführungen der Nadeln mit kleinem Scheibenkopf. Mit ihnen wurden die Obergewänder verschlossen. Gleichzeitig dienten die Nadeln als Schmuckstücke.
Bei den bronzenen Rasiermessern stammen diejenigen mit S-förmig zurückgebogenem Griff aus der Periode IV, andere mit Spiralgriff oder breitem Griffortsatz dagegen aus der Periode V. Letztere Fundstücke waren sowohl mit rechteckigen Griffabschlüssen mit und ohne Loch als auch mit dreieckigen Griffabschlüssen mit rundem oder ovalem Loch versehen.
Von zwei Rasiermessern aus einem Brandgrab von Alfstedt (Kreis Rotenburg/Wümme) ist eines 14 Zentimeter lang und hat einen Griff in der Gestalt eines Tierkopfes. Auf dem 8,7 Zentimeter langen Rasiermesser von Krempel (Kreis Cuxhaven) sind ein Fisch, Sonnen und ein Pferd dargestellt. Andere Rasiermesser wurden mit Schiffsmotiven verziert. Weitere Toilettegeräte waren bronzene Pinzetten zum Auszupfen störender Haare, Tätowiernadeln (Pfrieme) und möglicherweise auch sogenannte »Lanzetten«.
Die Pinzetten variieren zwischen breiten und kurzen sowie schmalen und langen Formen. Eine Pinzette aus Westerwanna (Kreis Cuxhaven) entspricht der schmalen Ausführung und hat sich dreieckig verbreiternde, dreimal mit drei Buckeln verzierte Wangen.
Nach den häufigen Funden von weniger als zehn Zentimeter langen Tätowiernadeln zu schließen, müßten damals viele Menschen ihre Haut tätowiert haben. Womöglich spiegelten die Tätowierungen gewisse Standesunterschiede der damaligen Bevölkerung wider.
»Lanzetten« wurden unter anderem in Barchel (Kreis Rotenburg/Wümme) und bei Daverden (Kreis Verden) geborgen. Der Fund aus Barchel ist 5,6 Zentimeter, der bei Daverden 8,3 Zentimeter lang. »Lanzetten« kamen fast immer zusammen mit Rasiermessern, Pfriemen oder Tätowierstiften zum Vorschein. Derartige Objekte sind als Toilettegeräte, Pfeilspitzen, Messer und sogar als Miniaturausführungen zeitgenössischer Griffangelschwerter, die als symbolische Waffengabe in die Gräber gelangten, gedeutet worden.
Die Menschen der Stader Gruppe waren Ackerbauern und Viehzüchter. Auf Ackerbau deuten Funde steinerner und bronzener Sicheln hin. Steinsicheln kennt man aus Appeln (Kreis Cuxhaven).
In einem Haus der Siedlung Hahnenknoopermühle bei Rodenkirchen kamen Jagdbeutereste von Elch (Alces alces), Reh (Capreolus capreolus) und Nerz (Lutreola lutreola) zum Vorschein. Als Jagdwaffen dürften wohl vor allem Pfeil und Bogen Verwendung gefunden haben. Auch Hinweise auf sporadischen Fischfang liegen vor.
Unter den Tongefäßen gab es zweihenkelige Terrinen und einhenkelige Schüsseln. Die Terrinen haben einen bauchigen Körper und einen durch eine Kehle, Rille oder Furche abgesetzten Hals, der senkrecht oder kegelförmig aufsteigt. Derartige nur hin und wieder verzierte Gefäße dienten häufig als Urnen für den Leichenbrand.
Zu den metallenen Werkzeugen der jungbronzezeitlichen Stader Gruppe gehörten Messer, Ledermesser, Tüllenbeile und Absatzbeile.
Im »Königsgrab« von Harsefeld (Kreis Stade) lag ein Prunkmesser mit Schiffsdarstellung auf einer Schneidenseite. Dabei handelt es sich um einen Import aus dem Gebiet der nordischen Bronzezeit, was nicht verwundert, denn auf den gleichen Raum verweisen unter anderem die Gesichtsurnen und Warzenkopfnadeln.
Ein etwa sieben Zentimeter langes bronzenes Ledermesser zum Schneiden von Leder hat man in Beckdorf (Kreis Stade) gefunden. Es ähnelt den einige Jahrhunderte jüngeren Motiven auf griechischen Vasenbildern um 500 v. Chr.
Bronzene Beile dienten nur noch als Arbeitsgeräte. Die Klingen der Tüllenbeile hatten zunächst eine gerade und später eine bogenförmige Schneide.
Manche Krieger der Stader Gruppe haben einen bronzenen Helm getragen. Das zeigt ein 31 Zentimeter hohes Exemplar, das 1938 aus dem Fluß Lesum nördlich von Bremen gebaggert wurde. Über dem halbkugelig gerundeten Haubenscheitel des Helmes ist ein spitzbogig auslaufender Kamm angebracht. Nach der 23,5 Zentimeter langen und 17,5 Zentimeter breiten Öffnung zu schließen, müßte ein gewaltiger Schädel durch den Kammhelm geschützt worden sein, wenn sein Träger ihn nicht mit einer ledernen Mütze oder einem federnden Polster ausstaffiert hätte.
Die Krieger waren mit bronzenen Schwertern, Lanzen und Dolchen sowie mit bronzenen Tüllenbeilen oder Lappenbeilen bewaffnet. Von den Schwertern eigneten sich manche zum Stechen und andere zum Hauen. Teilweise wurden die metallenen Waffen von weit her importiert.
Am Fundort des Kammhelmes aus der Lesum hat man ein Griffzungenschwert entdeckt, das vermutlich im Ostalpengebiet hergestellt wurde. Ein aus der Weser gebaggertes Griffzungenschwert soll aus der Gegend von Wiesbaden in Hessen stammen. Zwei bronzene Lanzenspitzen aus der Weser und Lesum könnten anglo-irischer Herkunft sein. Importiert wurden auch Möriger Dolche (Debstedt, Kreis Cuxhaven) und Peschiera-Dolche (bei Wehdel, Kreis Cuxhaven). Der Möriger Dolch ist nach einem Fundort in der Schweiz benannt, der Peschiera-Dolch nach einem Fundort in Italien.
Metallischen Vorbildern nachempfunden sind offenbar schön geschwungene, steinerne Klingen von Streitäxten mit gebogenem Nacken. Zu diesen Funden gehört eine 11,5 Zentimeter lange Klinge aus Felsgestein, die aus der Weser bei Bremen-Vegesack geborgen wurde. Weniger elegant wirken steinerne Klingen von Äxten mit Kegelstumpfnacken.
Depotfunde mit bronzenen Hängebecken, Gürteldosen und Klapperblechen belegen enge Kontakte der Stader Gruppe zur nordischen Bronzezeit. Solche Depots sind aus Holtum-Geest (Kreis Verden), Oerel (Kreis Rotenburg/Wümme) und aus dem Lehnstedter Moor (Kreis Osterholz) bekannt.
Schlaglichter auf das damalige Verkehrswesen werfen die vier aus Bronze gegossenen Räder des Kultwagens von Stade mit jeweils einem Durchmesser von 58 Zentimetern und einem Gewicht von je zwölf Kilogramm. Aus ihrer Nabe ragen vier Speichen und tragen den Radkranz, der nach außen hin U-förmig geöffnet ist. In diese Hohlkehle hat man einst vier viertelkreisförmige Eichenbretter eingesetzt, deren Rand etwa fünf Zentimeter aus dem Metallreifen herausragte und die Lauffläche bildete. Mit dieser erreichte das Rad einen Durchmesser von 68 Zentimetern.
Die viertelkreisförmigen Eichenbretter wurden mit 24 Stiftnieten an der Felge befestigt. Das Innere der Nabe weist keine Abriebspuren durch die Drehung der Achse auf. Weichholzreste weisen darauf hin, daß in der Nabe eine Holzröhre steckte, die als Verschleißbuchse diente. In ihr hatte ein fünf bis sechs Zentimeter dicker Achsschenkel Platz. Der Eichenrest in einer der Radfelgen wurde auf etwa 870 v. Chr. datiert.
Für eine Verwendung im Alltag war der Wagen von Stade wohl wegen der Seltenheit und Sprödigkeit seiner Räder nicht geeignet. Der Prähistoriker Karl Hermann Jacob-Friesen (1886-1960) aus Hannover deutete dieses Gefährt als »heiligen Wagen« für Kulthandlungen bei Vegetationsriten. Es könnte sich aber genausogut um ein Totenfahrzeug für die Bestattung einer bedeutenden Persönlichkeit gehandelt haben.
An manchen Halsketten prangten Bernsteinperlen, wie sie beispielsweise aus Alfstedt (Kreis Bremervörde) sowie Lehnstedt und Westerwanna (beide Kreis Cuxhaven) geborgen werden konnten. Unter den seltenen Goldfunden sind ein goldener Armring und eine mit Goldblech belegte bronzene Plattenfibel aus Flögeln (Kreis Cuxhaven) besonders erwähnenswert. Beide lagen in einer ovalen Grube von 1,35 Meter Länge und 1,15 Meter Breite.
Der Goldarmring aus Flögeln hat einen maximalen Durchmesser von 7,9 Zentimetern und ein Gewicht von 82 Gramm. Er stammt vermutlich aus England oder Irland. Wahrscheinlich diente er nicht als Schmuck, sondern als Barren, in der Gold aus dem Westen bis Skandinavien gelangte. Darauf deuten Analysen von Goldfunden aus Irland und England hin.
Die Goldblechfibel aus Flögeln ist 14,6 Zentimeter lang und wiegt 135,5 Gramm. Ihre Nadel erreicht 11,5 Zentimeter Länge. Auf dem reichverzierten Goldblech wird eine sich schlängelnde Schlange dargestellt. Weitere Goldblechfibeln sind aus Emmendorf (Kreis Uelzen) und Goldenstedt-Rethwisch (Kreis Vechta) in Niedersachsen, aus Harridslevgaard und Flemlose in Dänemark sowie aus Haga und Rönnebergs in Schweden bekannt.
Der langjährige Kreisheimatpfleger Detlef Schünemann aus Verden/Aller hat in Gerkenhof bei Schafwinkel im Kreis Verden ein Kunstwerk jener Zeit entdeckt: nämlich einen 35 Zentimeter hohen Porphyrstein mit der Darstellung eines Mannes mit Rundschild und Schwert, die einem schwedischen Felsbild ähnelt. Die menschliche Gestalt von Gerkenhof trägt auf dem Kopf hörnerhelmartige Fortsätze. In Skandinavien sind mehrfach Hörnerhelme bildlich wiedergegeben und vereinzelt auch ausgegraben worden.
Als kleine Kunstwerke können die prächtig verzierten bronzenen Rasiermesser angesehen werden. Die darauf eingeritzten Motive zeigen meistens Schiffe, aber manchmal auch andere Szenen.
Auf einem Rasiermesser aus der Gegend von Bremen ist ein Schiff mit einer menschlichen Figur an Bord abgebildet, die ein Paddel oder Saiteninstrument am ausgestreckten Arm hält. Demnach könnte die Gestalt ein Ruderer oder ein Musikant sein. Vor dem Schiff befindet sich eine Schlange mit aufgerolltem Schwanz und geöffnetem Rachen. Schlangen hatten im Norden in vorgeschichtlicher Zeit kultischen Charakter. Zudem schwimmt vor dem Schiffsbug ein Fisch.
Ein Rasiermesser aus einem Grabhügel von Heeßel bei Hemmoor (Kreis Cuxhaven) ist auf einer Schneidenseite mit einer Schiffsdarstellung versehen. Die Linien des acht Zentimeter langen Schiffes mit gespaltenem Vorder- und Achtersteven wurden eingraviert, halbkreis- und punktförmige Vertiefungen dagegen eingepunzt. Der linke Steven des Schiffes hat die Form eines stark stilisierten Pferdekopfes.
Das Rasiermesser aus dem »Königsgrab« von Harsefeld (Kreis Stade) zeigt zwei übereinanderstehende Schiffe. Beide enden mit Tierköpfen. Darüber schwebt ein »dreiarmiger Wirbel« (Dreiwirbel).
In Garlstedt (Kreis Osterholz) wurde die einzige aus Niedersachsen bekannte bronzene Lure entdeckt. Dieses 1,92 Meter lange Blasinstrument besteht aus mindestens vier oder mehr Einzelstücken, die man gegossen und durch Hartlötung zusammengefügt hat. Nur an einer Stelle ist die Lure lediglich mit einem Stöpsel verschlossen und zerlegbar. Die Mündungsscheibe hat einen Durchmesser von 26,5 Zentimetern. Die 21 Bruchstücke dieser Lure werden im Niedersächsischen Landesmuseum, Hannover, aufbewahrt.
Ein Felsbild in Kalleby (Schweden) belegt, daß Luren bei kultischen Handlungen geblasen wurden. Dabei war ein lauter weicher Ton zu hören. Luren, die paarweise zum Vorschein kamen, sind immer genau musikalisch abgestimmt, und zwar in C, Es, E oder G.
Die Toten der jungbronzezeitlichen Stader Gruppe wurden auf Scheiterhaufen verbrannt. Ihre Aschen- und Knochenreste hat man in tönernen Urnen bestattet und diese häufig mit einer Schüssel oder mit dem Scherbenstück eines großen Gefäßes abgedeckt. In den Urnen lagen nur gelegentlich bronzene Beigaben wie eine Nadel, ein Tätowierstift (Pfriem), ein Rasiermesser oder eine Pinzette. Über der Urne schüttete man jeweils einen flachen Erdhügel auf.
Im Gegensatz zur Lüneburger Heide wurden im Verbreitungsgebiet der jungbronzezeitlichen Stader Gruppe meistens Friedhöfe mit Flachgräbern angelegt. Größere Grabhügel sind verhältnismäßig selten und stellten etwas ganz Besonderes dar.
Solche Grabhügel wurden auf dem Hohen Kamp nordöstlich von Harsefeld (Kreis Stade) errichtet. Der größte von ihnen war der Osterberg mit einen Durchmesser von 24 Metern und einer Höhe von vier Metern. Er bedeckte eine Steinpackung mit einem Durchmesser von 15 Metern und einer Höhe von 1,50 Metern, unter der sich eine Steinkiste aus fünf aufrecht stehenden Tragsteinen und einem Deckstein befand. Der Innenraum der Steinkiste war 90 Zentimeter lang, 70 Zentimeter breit, 60 Zentimeter hoch und wurde von einem 1,40 Meter langen und 85 Zentimeter breiten Deckstein bedeckt.
Auf der flachen Steinplatte, die als Boden diente, lag menschlicher Leichenbrand. Dem Toten hatte man ein Tongefäß, das erwähnte Rasiermesser mit zwei Schiffsdarstellungen und ein Ringstielmesser mit einem Schiffsmotiv ins Grab gelegt. Bei dieser ungewöhnlichen Bestattung handelt es sich vermutlich um ein »Fürstengrab« ähnlich jenem von Seddin in Brandenburg. Der Grabhügel von Harsefeld wird als »Königsgrab« bezeichnet. Damit verknüpft ist die Sage vom König, der dort mit Tisch und Eßgerät begraben worden sein soll.
Die jungbronzezeitlichen Friedhöfe der Stader Gruppe umfassen jeweils 100 bis 200 Bestattungen, teils mit plattigen Steinen abgedeckt, teils innerhalb von Steinkreisen. Einer dieser großen Friedhöfe wurde in Unterstedt (Kreis Rotenburg/Wümme) ausgegraben, andere Friedhöfe sind aus dem Kreis Cuxhaven bekannt, etwa aus Meckelstedt. Diese Gräberfelder wurden bis zum Beginn der frühen Eisenzeit belegt.
Sehr selten sind die aus dem Scheiterhaufen aufgelesenen Knochenreste von Toten in tönernen Gesichtsurnen vom kimbrischen Typ bestattet worden. Von solchen Gesichtsurnen kamen pro Friedhof nur ein oder zwei Exemplare vor. Bei einer besonders herrlichen Gesichtsurne von Settenbeck (Stadt Osterholz-Scharmbeck) in Niedersachsen sind sogar die Augenwimpern dargestellt.
Auf dem Giersberg bei Armsen (Kreis Verden) vermutete 1987 der bereits erwähnte frühere Kreisheimatpfleger Detlef Schünemann eine »sakrale Stätte« der jüngeren Bronzezeit. Dort war ihm eine ovale Mulde von etwa zehn Meter Länge und ca. sieben Meter Breite aufgefallen, an die sich im Osten und im Westen in geringer Entfernung jeweils ein hufeisenförmiger Wall anschloß.
Bei den daraufhin vorgenommenen Untersuchungen wurden innerhalb des westlichen, etwa sechs Meter langen und ca. zwei Meter breiten Walls ein Steinpflaster von etwa 2,40 Meter Länge und 1,80 Meter Breite sowie darunter ein 50 Zentimeter großer, zentnerschwerer Findling freigelegt. Außerdem kamen Reste eines Eichenholz-Feuers zum Vorschein, die – nach einer Radiokarbon-Datierung zu urteilen – aus der jüngeren Bronzezeit um 1000 v. Chr. stammen. Die Mulde und der östliche Wall weisen erhebliche Phosphatanreicherungen auf.
Laut Detlef Schünemann liegt der auf dem mutmaßlichen Heiligtum des Giersberges praktizierte Kult im Dunkel. Denkbar wären unter anderem Erntedank-Versammlungen (Erntedank-Opfer) oder die Beobachtung von Gestirnen.

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