Donnerstag, 10. Januar 2008

Die ältere Bronzezeit im westlichen Brandenburg (etwa 1500-1200 v. Chr.)

Ihre Siedlungen kennt man nicht´

Bronzezeitbuch

Rohfassung eines Textes für das Buch "Deutschland in der Bronzezeit" (1996) von Ernst Probst in alter deutscher Rechtschreibung

Die Zeit von etwa 1500 bis 1200 v. Chr. wird im westlichen Teil von Brandenburg als ältere Bronzezeit (Periode II) bezeichnet. Zum westlichen Brandenburg gehören vor allem die Landschaften der Prignitz und das Ruppiner Rhin-Gebiet. Im östlichen Brandenburg existierte damals die Vorlausitzer Kultur.
Bei den Hinterlassenschaften der älteren Bronzezeit im westlichen Brandenburg handelt es sich überwiegend um Objekte aus Gräbern und Depots sowie um Einzelstücke. Funde dieser Kulturstufe wurden l935 durch die Prähistorikerin Waldtraud Bohm (1890–1969) aus Berlin in der Publikation »Die ältere Bronzezeit in der Mark Brandenburg« beschrieben.
Die Gräber liegen heute oft an Sümpfen und Seen sowie unter dem derzeitigen Grundwasser. Als Ursache dafür gilt der schwankende Wasserstand infolge des Anstiegs des Meeresspiegels sowie des Rückstau von Elbe, Havel und Rhin. Der höhere Grundwasserspiegel wurde durch Aufstauungen und Bodenverbesserungen (Meliorationen) seit dem frühen Mittelalter hervorgerufen.
Obwohl die Toten häufig unverbrannt bestattet wurden, weiß man nichts über die Körperhöhe und Krankheiten der damaligen Menschen. Denn nach den Körperbeisetzungen sind die Knochen im märkischen Sand vergangen. Von der Kleidung zeugt nur metallenes Zubehör. Dazu gehören bronzene Nadeln zum Zusammenhalten des Gewandes, Knöpfe, Schmuckscheiben und Gürtelscheiben.
Nadeln lagen in Depots und Gräbern aus jener Zeit. Die größten Exemplare sind bis zu zwölf Zentimeter lang und häufig mit einem gerippten Kopf versehen.
Ein Knopf und zwei Schmuckscheiben kamen bei der Untersuchung einer Grabhügelgruppe in Sadenbeck (Kreis Prignitz) zum Vorschein. Der von einem männlichen Toten stammende Knopf aus Sadenbeck mit einem Durchmesser und einer Höhe von 1,2 Zentimetern ist mit einem eingetieften vierstrahligen Sternmuster verziert. Auf die Schauseite der einst sechs Zentimeter Durchmesser erreichenden Zierscheiben aus einem Frauengrab in Sadenbeck ist jeweils ein sechszackiger Stern eingeritzt, während die Rückseite einen Dorn und einer Öse hat.
In Wollin (Kreis Potsdam-Mittelmark) wurde eine Gürteldose mit einem Durchmesser von 23 Zentimetern geborgen. Die Funktion solcher meistens reich verzierter Bronzegefäße ist nicht geklärt.
Auf Bartrasur und Haarschnitt deutet der Rest eines bronzenen Rasiermessers südlicher Herkunft aus dem Depot von Roskow (Kreis Potsdam-Mittelmark) hin. Das Fragment ist 7,5 Zentimeter lang, zweischneidig und hat eine längliche Öse zum Aufhängen. Daß auch bronzene Pinzetten zum Haarauszupfen benutzt wurden, belegt ein Fund aus dem Depot von Mittenwalde (Kreis Dahme-Spreewald).
Aufgrund fehlender Siedlungsreste weiß man bisher nicht, wie die Menschen der älteren Bronzezeit im westlichen Brandenburg wohnten. Ihre Behausungen dürften in Nähe der Gräber und Friedhöfe gelegen haben. Die Bewohner waren Bauern.
Bronzene Sicheln aus Depots und Gräbern weisen indirekt auf den Anbau und die Ernte von Getreide hin. Solche Geräte fanden sich in den Depots von Lünow, Päwesin, Roskow (Kreis Potsdam-Mittelmark), Mittenwalde (Kreis Dahme-Spreewald) und Lichterfelde (Kreis Barnim) sowie im Grabhügel von Meyenburg-Schabernack (Kreis Prignitz). Alle vier Knopfsicheln aus Roskow weisen Dengelspuren auf, sie wurden also nachgeschärft.
Ein beschädigter und daher unbrauchbar gewordener Mahlstein aus Granit kam im Pflaster eines der Grabhügel von Sadenbeck zum Vorschein. Er ist 46 Zentimeter lang, 21 Zentimeter breit und 18 Zentimeter hoch. Bei ihm handelt es sich um den unteren Teil einer Getreidemühle, auf dem die Körner mit einem rundlichen kleineren Stein zerquetscht wurden.
Bisher ist im westlichen Brandenburg älterbronzezeitliche »Kümmerkeramik« nur in geringem Umfang belegt. Entsprechende Funde liegen aus Sadenbeck, Weitgendorf (beide Kreis Prignitz), Marzahne, Pritzerber See (beide Kreis Potsdam-Mittelmark), Mützlitz und Rhinow (beide Kreis Havelland) vor. Modelliert wurden vor allem zweihenkelige Töpfe mit Zylinderhals sowie Terrinen, die am Unterteil gerauht wurden.
Feuer entfachte man mit Schlagsteinen aus Feuerstein und Schwefelkies. Aus Felsgestein bestand ein Hammer, der sich zusammen mit einer bronzenen Sichel und einem Randleistenbeil im Grab von Meyenburg-Schabernack fand. Weitere Werkzeuge waren Tüllenmeißel und Messer aus Bronze.
Tüllenmeißel wurden in Roskow (Kreis Potsdam-Mittelmark), Stüdenitz (Kreis Ostprignitz-Ruppin) und im Depot von Berlin-Spandau geborgen. Man betrachtet die Tüllenmeißel als nordische Importe, die wenigen Messer dagegen als Produkte südlicher Herkunft. Vermutlich dienten auch manche Beilformen als Werkzeuge.
Das im Depot von Roskow entdeckte 15,5 Zentimeter lange und 490 Gramm schwere Randleistenbeil vom Typ Roskow gilt als einheimisches Erzeugnis. Vermutlich diente es als Waffe, weil in westhavelländischen Gräbern Klingen dieser Art jeweils zusammen mit einem Dolch geborgen wurden.
Dolche westlichen Ursprungs gehören zu den Depots von Berlin-Spandau und von Roskow. Die 10,7 Zentimeter lange Dolchklinge aus Roskow wurde möglicherweise aus der Spitze eines Kurzschwertes vom Typ Dahlenburg, der nach einem Fundort in Niedersachsen bezeichnet ist, angefertigt. Die Klinge ist dreifach gerippt. Ein 28 Zentimeter langes Kurzschwert aus Damsdorf (Kreis Potsdam-Mittelmark) könnte ein einheimischer Handwerker hergestellt haben.
Die einzigen älterbronzezeitlichen Schwerter im westlichen Brandenburg wurden in Berlin-Spandau, in Stechow (Kreis Havelland) und in Prützke (Kreis Potsdam-Mittelmark) entdeckt. Zum Depot von Berlin-Spandau gehören vier Schwerter. Bei dem Fund von Stechow handelt es sich um ein Vollgriffschwert mit achtkantigem Griff (Achtkantschwert) der Hügelgräber-Kultur aus Süddeutschland. Das Vollgriffschwert von Prützke dagegen wurde aus dem Norden importiert.
Die Schwerter aus Stechow und Prützke sind auf der Klinge mit einem breiten Mittelgrat versehen. Den gerippten Griff des Prützker Schwertes zieren horizontale Tannenzweigmuster, die zweimal durch ein Band aus vier Linien unterbrochen werden.
Bereits aus der Übergangsphase zwischen der älteren und der mittleren Bronzezeit stammen die fünf Kurzschwerter des Depots von Berlin-Spandau, das vor allem Waffen umfaßte. Es bestand neben den Kurzschwertern auch aus vier Schwertern, sechs bronzenen Beilen (darunter eine sogenannte Kommandoaxt) und zwei Lanzenspitzen.
Weitere Waffen waren Pfeil und Bogen, deren Gebrauch durch steinerne und bronzene Pfeilspitzen belegt ist. Zwei Feuerstein-Pfeilspitzen lagen zusammen mit einem Randleistenbeil und einer Bronzeahle mit Holzgriffresten in einem Grab von Wulkow-Havemark. In einem Grabhügel von Sadenbeck fanden sich zwei bronzene Pfeilspitzen mit Tülle für die Aufnahme des hölzernen Schaftes.
Aus Metall war auch der größte Teil der Schmuckstücke angefertigt. Es gab Nadeln, die – außer ihrer praktischen Funktion als Gewandschließen – auch als Schmuck dienten, Halskragen, Armringe und Armspiralen (Armbergen).
Bei den Nadeln lassen sich einheimische Scheibenkopfnadeln, aus der Lüneburger Heide stammende Radnadeln sowie Nadeln mit geschwollenem, teilweise durchlochtem und verziertem Hals als südlichen Einfluß unterscheiden. Exemplare mit geschwollenem Hals wurden in Flieth (Kreis Uckermark), Werbig (Kreis Märkisch-Oderland), Rietzneuendorf (Kreis Dahme-Spreewald) und Biegen (Kreis Oder-Spree) entdeckt.
Die meistens gegossenen Halskragen aus Bronzeblech wurden auf zweierlei Arten verziert. Manche sind längsgerippt, bei anderen wurde die Oberfläche durch Längsrippen in zwei Felder geteilt.
Die Armringe haben teilweise einen Hakenverschluß oder pfötchenförmige Enden. Man hat diese Ringe mit senkrechten Strichgruppen verziert, die von schraffierten Dreiecken oder Zickzacklinien unterbrochen sind.
Die Armspiralen wurden sowohl aus Bronzedraht als auch aus Bronzeblech angefertigt. Sie waren teilweise nur an einem Ende zu einer Spirale aufgerollt, wie es auch in Ungarn häufig vorkam. Bei einer anderen Variante hatte man beide Enden jeweils zu einer Spiralscheibe geformt. Die Armspiralen wurden mit feinen Strichgruppen verziert. Diese bilden vereinzelt ein den eisernen Kreuzen ähnliches Ornament.
Männer wurden oft mit Randleistenbeil und Dolchklinge aus Bronze, die als Grabbeigaben dienten, bestattet. Man errichtete Hügelgräber mit Steinpackung und -kränzen, legte jedoch auch Flachgräber mit und ohne Steinsetzung an. Die von Menschenhand aufgeschütteten Grabhügel sind heute noch anderthalb bis zwei Meter hoch und haben einen Durchmesser von acht bis 15 Metern.
Das erste Grab im Hügel (Zentralgrab genannt) wurde in dessen Zentrum angelegt und mit einer dicken Steinpackung geschützt. Es gab aber auch Gräber ohne Hügel, in denen die Urnen mit den verbrannten Resten des Toten frei im Sand standen.
Friedhöfe mit Gräbern der älteren Bronzezeit sind aus Weitgendorf, Sadenbeck und Bresch (alle im Kreis Prignitz) bekannt. In den weniger als 20 Grabhügeln von Weitgendorf wurden in der älteren und mittleren Bronzezeit Bestattungen vorgenommen. Der Friedhof von Bresch mit einer nicht genau bekannten Zahl von Gräbern war sogar von der älteren bis in die jüngere Bronzezeit in Gebrauch.
Der Friedhof von Sadenbeck mit fünf Grabhügeln lag auf dem Südhang einer Anhöhe westlich des Flusses Dömnitz. Jeder der Grabhügel war ursprünglich wohl nur für eine
einzige Bestattung gedacht. Die Ausgrabungen durch den Potsdamer Prähistoriker Rolf Breddin ergaben, daß vor dem Aufschütten der Hügel der Baugrund abgebrannt und geebnet wurde. In die solchermaßen vorbereitete ebene Fläche hat man eine Grube eingetieft und mit Steinen gepflastert.
Die Verstorbenen wurden zusammen mit ihren Beigaben (Schmuck, Keramik, Werkzeugen und Waffen) auf dem Scheiterhaufen verbrannt und ihre Knochenreste anschließend auf das Steinpflaster geschüttet. Als Baumaterial für den Hügel diente schwach lehmhaltiger Sandboden aus der näheren Umgebung. Darin blieben nur wenige verkohlte organische Reste erhalten. Steinkränze mit einem Durchmesser von neun bis 12,80 Metern und mit einer Breite bis zu zwei Metern stützten im Innern der Grabhügel das Erdreich.
Die Grabhügel von Sadenbeck wiesen zur Zeit der Ausgrabungen noch einen Durchmesser von zehn bis 14,6 Metern und eine Höhe von einem halben bis einen Meter auf. Eine Steinsetzung in einem der Grabhügel könnte den Unterbau einer hölzernen oder steinernen Stele gebildet haben, die vielleicht oberirdisch sichtbar war.
Der erwähnte Depotfund von Berlin-Spandau deutet darauf hin, daß man damals an Flußübergängen wertvolle Bronzeobjekte opferte. Die Waffen und Werkzeuge des Depots wurden nämlich am Zusammenfluß von Spree und Havel bei einem Flußübergang als Opfergaben niedergelegt.

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