Halle/Saale (archäologie-welt) – Die Rössener Kultur, Schiepziger Gruppe, Salzmünder Kultur und Walternienburg-Bernburger Kultur gehören zu den auffällig vielen Kulturen bzw. Kulturstufen der Jungsteinzeit (etwa 5.500 bis 2.000 v. Chr.), die nach Fundorten in Sachsen-Anhalt bezeichnet sind. Mit diesen Kulturen bzw. Stufen, die zu unterschiedlichen Zeiten existierten, befassen sich kleine Taschenbücher des Wissenschaftsautors Ernst Probst, die bei „Amazon“ erhältich sind. Kennzeichen der Jungsteinzeit sind Ackerbau, Viehzucht und Töpferei. In der vorhergehenden Mittelsteinzeit zwischen etwa 8.000 und 5.000 v. Chr. lebten die Menschen noch von der Jagd, vom Sammeln und Fischfang.
Rössener Kultur
An ein Gräberfeld im Ortsteil Rössen von Leuna (Saalkreis) in Sachsen-Anhalt erinnert die Rössener Kultur, die von etwa 4.600 bis 4.300 v. Chr. hauptsächlich in Mitteldeutschland und Südwestdeutschland verbreitet war. Jene Kultur der Jungsteinzeit wurde 1900 von dem Berliner Prähistoriker Alfred Götze (1865–1948) benannt. Siedlungen und Gräber der Rössener Kultur kennt man aus Baden-Württemberg, Bayern, im Saarland, in Rheinland-Pfalz, Hessen, Nordrhein-Westfalen, im südlichen Niedersachsen, in Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Brandenburg und im östlichen Mecklenburg. Womöglich zeugen die Überreste von 44 Menschen in der Höhle Hohlenstein-Stadel in Baden-Württemberg von einer Kannibalenmahlzeit der Rössener Leute. Oder sind sie stattdessen Relikte von Bestattungen, bei denen der ursprünglich beerdigte Körper exhumiert und an einem anderen Ort beigesetzt wurde? Bettete man dabei nicht das gesamte Skelett um, sondern nur die wichtigsten Teile? Mit diesen und anderen Fragen befasst sich das Taschenbuch „Die Rössener Kultur“.
Schiepziger Gruppe und Salzmünder Kultur
Salzmünde-Schiepzig in Sachsen-Anhalt spielt in dem Taschenbuch „Die Salzmünder Kultur“ eine wichtige Rolle. Denn dort lebten und starben in der Jungsteinzeit auf einer Hochfläche immer wieder Ackerbauern und Viehzüchter. Im vorliegenden Taschenbuch geht es um die erst 2014 benannte Kulturstufe Schiepziger Gruppe (etwa 4.200 bis 3.700 v. Chr.) und um die bereits 1938 aus der Taufe gehobene Salzmünder Kultur (etwa 3.700 bis 3.200 v. Chr.). Die Angehörigen der Schiepziger Gruppe und der Salzmünder Kultur praktizierten einen rätselhaften Totenkult, bei dem teilweise schon bestattete Menschen nach einer gewissen Zeit an anderer Stelle erneut zur letzten Ruhe gebettet wurden. Erstaunlich oft legte man den Toten der Schiepziger Gruppe ihre Hunde mit ins Grab. Die Salzmünder Leute errichteten mühsam mit Gräben, Wällen und Palisaden befestigte Siedlungen, die man Erdwerke nennt. Reich verziert waren ihre Prunkäxte und ihre einst mit Tierhäuten bespannten Tontrommeln. Bestattungen hat man vielfach mit einem dicken Scherbenpflaster bedeckt. Bei Schädelbestattungen fehlte meist der Unterkiefer. Vieles ist noch rätselhaft.
Walternienburg-Bernburger Kultur
Eine nach den Fundorten Walternienburg und Bernburg in Sachsen-Anhalt bezeichnete Kultur der Jungsteinzeit steht im Mittelpunkt des Taschenbuches „Die Walternienburg-Bernburger Kultur“. Diese Kultur war von etwa von 3.200 bis 2.800 v. Chr. in Teilen von Sachsen-Anhalt, Thüringen, Niedersachsen und Bayern verbreitet. Die Angehörigen der Walternienburg-Bernburger Kultur errichteten mit Gräben, Wällen und Palisaden geschützte Höhensiedlungen, weil sie offenbar Angriffe durch Nachbargruppen befürchteten. Vielleicht waren sie die ersten Reiter in Mitteldeutschland. Ihre Medizinmänner führten komplizierte Schädeloperationen durch. In ihrem Leben spielten mit Tierhäuten bespannte und mit Symbolzeichen verzierte Tontrommeln eine wichtige Rolle. Als eines ihrer eindrucksvollsten Kunstwerke gilt eine mannshohe Menhirstatue mit Darstellung der mysteriösen „Dolmengöttin“. Seltsame kleine Tonobjekte könnten Sitzmöbel für eine tönerne Götterfigur gewesen sein. Ihre Toten betteten sie in Steinkistengräbern, Gräbern mit Steinpackungen, Holzbohlenverkleidung oder Totenhütten zur letzten Ruhe.